Wolken-Kuckucksheim: Unsere Reise nach Crans-Montana
Alexandra hat für ein Sommerwochenende gepackt. Blöd nur, dass es in Crans-Montana 10 Grad kalt war und regnete. Wie Bibi und Petrus das Weekend retteten.
Es gibt Sachen, glauben Sie mir, die kann ich wirklich ziemlich gut. Alles, wofür es eine gewisse Logik braucht, fällt mir hingegen – sagen wir – nicht wirklich leicht. Mein Vater pflegte zu sagen „Kunst sehr gut, Mathematik ungenügend“.
Wir haben schon wirklich viele Teile unseres schönen Planeten bereist, ob bei der Einreise auf die Malediven (ich hatte aus unerklärlichen Gründen eine Flasche Wodka dabei…), am indonesischen Zoll (Madame, this is NOT our Visa!!) oder auf dem Hauptbahnhof in Hannover – irgendwie schaffe ich es immer, Grenzen herauszufordern.
Unser Sohn Kosmo weigert sich mittlerweile, einen Koffer mitzunehmen, wenn wir allein unterwegs sind – zu gross seine Sorge, ich könnte mich wieder mit meinem Rimowa überschlagen… (Hannover!).
Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
Wardrobe Malfunction
Als Stylistin habe ich schon Tonnen von Garderobe um den Erdball gefuhrwerkt, inklusive den „Miss Schweiz»-Kandidatinnen, aber beim Packen hört es irgendwie auf.
Als es für drei Tage in die schöne Bergregion Crans-Montana ging und ich (erster grosser Fehler!!) am Morgen vor dem ersten Kaffee für alle drei Familienmitglieder und Bärchen packte, landete eine absurde Mischung im Rucksack: Eine sehr schöne Auswahl an 1.-August-tauglichen, Schweizer Bergsommer mässigen Fluffy Dresses (in rot-weiss natürlich, von Diane von Fürstenberg!!), schönen Jungshemden, kurzen Hosen, Turnschuhen, Seidenfoulards und Badekleider.
Falsch! Am Bahnhof in Zürich – wir sind eigentlich immer mit öffentlichem Nahverkehr und der SBB unterwegs (und ruinieren unseren CO2 Footprint lieber mit einer jährlichen Langstrecke) war uns schon kalt und klar: Wardrobe Malfunction.
Garderoben mässig total verrechnet, um nicht zu sagen, versagt. Fast wären wir im Meer perfekt ausgerüsteter, offensichtlich wesentlich praktisch veranlagter Outdoor-Menschen untergegangen. Zwei Züge, einer davon mit der besten SBB-Erfindung ever (einem Spielwagen) und einer Seilbahn später, landeten wir dann in den Wolken von Crans-Montana.
Crans-Montana: Durch verregnete Scheiben
Ein netter Mann vom Tourismus Büro erwartete uns schon und beschenkte uns grosszügig, unter anderem mit der Schirmmütze, die ich – klar – auch vergessen hatte und einem niedlichen Plüschbiber, der BIBI heisst, das Maskottchen des Ferienortes ist und sich gleich prima mit unserem Bärchen verstand. Er versicherte, die Sonne würde bald wieder scheinen. Wir nannten den netten Mann Petrus, stiegen in seinen Van und schauten uns Crans-Montana, das komplett in einer Wolke verhüllt war, erstmal durch die verregneten Scheiben an.
Dummerweise zeigte er uns als erstes das feinste Hotel am ganzen Platz, das Crans Ambassador (hat übrigens ein grandioses Spa, für Eltern, die mal kurz in Ruhe ihrer selbst frönen möchten – ehrlich gesagt, ich wäre am liebsten hier geblieben, bis ich glattgestreichelt und an Körper, Geist und Seele balsamiert wieder ins Tal geflogen wäre…).
Das Gen für Luxus hat sich an Kosmo vererbt (einige Aufenthalte im Mandarin Oriental dürften daran nicht ganz unschuldig gewesen sein…) und es gab den ersten Nervous Breakdown mit Diskussionen WARUM wir nicht in diesem Hotel bleiben können.
Ich klapperte kurz mit den Zähnen. Petrus reagierte schnell und führte uns in die Kletterhalle, einem Riesenkomplex für Sportlerherzen (not me! Bewegungslehre auch ungenügend!) in dem schon eine ganze Horde Ferienkinder aus aller Welt für gute Laune sorgten – die Region ist beliebt und bekannt für internationale Sportcamps.
Der Regen ein Segen
Wir hingen kurz in den Seilen und hatten dann Bärenwolfshunger („hangry“ beschreibt es gut). Eine Pizza hob die Stimmung, der Regen kam von allen Seiten und man sah vor lauter Nebel bei 6 Grad die Hand kaum vor Augen. Im Schichtenlook checkten wir in unser niedliches Hotel du Lac ein, das super zentral gelegen an einem der kleinen Seen mit gelben Tretbooten drauf ist.
Wir bezogen zwei Zimmer, was im Übrigen immer eine Bombenidee ist, so kann man sich mal mit
einem Buch zurückziehen. Der Fernseher funktionierte einwandfrei und wir machten dank „Jakari und kleiner Donner“ eine laaaaaaaaaange Siesta. Super gemütlich. Der unerwartete Regen stellte sich als Segen heraus, wann lümmelt man in den Ferien sonst einen ganzen Nachmittag rum?
Am frühen Abend hatte uns Petrus eine kleine Pool Time (inkl. Dampfbad für Mama – best.idea.EVER) im Hotel nebenan organisiert, was zu instant Glück und totaler Müdigkeit (a.k.a. early Bedtime – YES!) von unserem Fünfjährigen führte.
Auf dem sonnenreichen Hochplateau hoch über dem Rhonetal gelegen, bilden die beiden Nachbarorte Crans und Montana auf 1500m zusammen eine DER grossen Walliser Feriendestinationen, sagt der Prospekt.
„Auf dem sonnenreichen Hochplateau hoch über dem Rhonetal gelegen, bilden die beiden Nachbarorte Crans und Montana auf 1500m zusammen eine DER grossen Walliser Feriendestinationen“, sagt der Prospekt. Die Realität sprach bei unserem Besuch: Nass und Grau, in beiden Teilen des Zwillingsdorfs. Die beeindruckende Aussicht auf die Gipfelparade vom Matterhorn bis zum Mont Blanc versteckte sich hinter den Wolken. Und einem Regenbogen, der jeden Abend pünktlich zum Abendessen kam.
Die Sache mit dem Klimawandel hat man ja dummerweise viel zu lange für ein Gerücht gehalten. Spätestens seit diesem Sommer wird uns jetzt wohl allen klar, dass es die traurige Wahrheit ist, dass unsere Kinder wohl noch erleben werden, wenn 2100 alle Schweizer Gletscher geschmolzen sein werden. Zack, weg. Einfach nur zum Heulen.
Also, jetzt bloss nicht aufgeben. Nichts wie ran an die Berge und raus mit uns – no matter what. Der liebe Gott wusste schon, was er tat, als er mir ein Regencape auf den Geburtstagstisch legte, Kosmo zogen wir zwei Sommerjacken und alle seine Kleider übereinander und der Mann hüllte sich in eine Funktionsjacke (selber eingepackt).
Überwältigendes Wolkenkuckucksheim
An dieser Stelle zu behaupten, ich hätte die Sonne im Herzen gehabt, wäre schlicht gelogen – ich war auch nach der ersten Seilbahnfahrt noch Grummel-Griesgram, wobei es wirklich total daneben ist, wegen dem Wetter schlecht drauf zu sein. Spätestens bei „Mama, kann man Wolken essen?“ und kindlicher Alltagspoesie wie „Hier oben ist man dem Himmel so nah“ änderte sich meine Laune. In Sekunden, wie auch das Panorama, das immer dramatischer wurde. Als Stadtmaus und Flachlandindianer kann man nur sagen: überwältigend.
Je höher wir stiegen, umso schöner wurde es. Nach der zweiten Seilbahn waren wir im Paradies.Endlich!!! Wolkenkuckucksheim, da bist du ja!! Die Höhensonne schien beim Mittagessen im coolen „Cry d’Er Club d’attitude“ so stark, dass wir die Jacken ausziehen konnten und Sonnenbrillen brauchten.
Wir bauten Elfenhäuser, beobachteten Zwerge, pflückten Blumen und tanzten im Kreis. Der Nachmittag verging im Fluge und der Rückweg zu Fuss war ein herrlicher Abstieg. Die Sonne blieb noch ein klitzekleines bisschen und wir konnten noch ein paar klassische Familien Aktivitäten rund um das „BIBI“ Haus, dem Sommertreffpunkt direkt an der Eisbahn – hier wird gebastelt, gespielt und Spass gehabt (ideal: das Café VOR dem Haus, mit Waffeln und Crepe). Der Minigolfplatz liegt malerisch und zentral.
Retro – Feeling
Die Golfplätze waren es auch, die in den 70er-Jahren meine Eltern lockten – meine ersten Ferien als kleines Mädchen gingen nach Crans-Montana und in meinem Kopf ist es eine Art Sehnsuchtsort geblieben, auch wenn ich realistisch gesehen, die meiste Zeit im Kinderwagen auf dem Golfplatz war, erinnere ich mich an Enten und Männer, die fliegen konnten (und tatsächlich, bei aller kindlichen Fantasie, Gleitschirmfliegen vor Traumkulisse kann man hier immer noch!).
Einen kleinen Spaziergang später waren wir schon beim Aktivitätszentrum Nummer zwei: Neben dem Camping gibt es alles, was das Herz der Aktiv-Ferienliebhaber (und der praktischen Kleidung) höherschlagen lässt.
Einen Kletterwald mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden, Ponyreiten, Tretbootfahrten. Jetzt wundert wirklich niemanden mehr, dass Crans-Montana als offizielle «Family Destination» gilt. Das anspruchsvolle Gütesiegel garantiert, dass unter anderem Spielplätze, Animationen, kinderfreundliche Unterkünfte, Themenwege und unberührte Natur genossen werden können. Absolut einverstanden! Und für das Wetter kann niemand was – seit wir dort waren, schien übrigens jeden Tag die Sonne. Gemäss unserem Motto: „Wenn Engel reisen, lacht der Himmel.»
Und das nächste Mal packe ich besser! Versprochen!!!
Alexandra Kruse kann zwar nicht packen, dafür aber schreiben. Sie ist Texterin und Stylistin, aber im Grunde genommen ein Einhorn. Where Magic happens: www.alexandrakruse.com.
Full Disclosure: Herzlichen Dank an Crans-Montana Tourismus für die Unterstützung der Reise.
Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 26. September 2017 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
1x pro Woche persönlich und kompakt im mal ehrlich Mail.