Schulabsentismus: Wenn das Kind nicht mehr in die Schule geht
Sammy Frey kennt beide Seiten: Als ehemaliger «nicht ganz einfacher Schüler», der oft vor die Türe musste, weiss er heute als Schulpraxisberater, wie sich herausfordernde Kinder fühlen. «Ich habe selbst häufig nicht gewusst, warum ich vor die Türe musste», erinnert er sich im Podcast. Diese Erfahrung prägt seine Arbeit bis heute – und seine Grundhaltung: Kinder auf Augenhöhe begegnen, ihnen zuhören und gemeinsam Lösungen finden.
In dieser Podcast-Folge spricht Frey mit Elisa Malinverni über Schulabsentismus. Er bestätigt darin, was man aktuell überall in den Medien liest: «Schulabsentismus nimmt zu, und die Kinder werden immer jünger.» Frey hatte Schülerinnen und Schüler, die drei, vier Monate nicht in der Schule waren – bereits mit zehn Jahren. Der gesellschaftliche Druck, finanzielle Sorgen, Trennungen – all das wirke auf Familien und damit auf Kinder ein.
Frühes Nachfragen ist wichtig
Drei unzusammenhängende Absenzen in sechs Wochen – ab diesem Punkt spricht man von möglichem Schulabsentismus. «Das ist relativ tief angelegt», räumt Frey ein. «Drei Mal Bauchweh, und man ist eigentlich schon dort.» Doch hinter dieser Regel steckt System: Frühes Nachfragen soll verhindern, dass sich das Thema chronifiziert.
Seine Botschaft bleibt trotz allem zuversichtlich: «Die Haltung sollte sein: Du gehst in die Schule. Aber wir schauen gemeinsam, was du brauchst, damit das klappt.» Verbindende Elemente wie ein Tuch mit dem Geruch der Mutter, ein Foto, ein Stein – oder auch ein schrittweises Heranführen. «Ich bringe dich hin, ich hole dich ab. Dann: Du gehst selbst, ich hole dich ab. Bis es alleine klappt.»
Sein wichtigster Appell lautet: «Momente des Gelingens schaffen.» Wenn ein Kind statt gar nicht wenigstens von zehn bis zwölf Uhr in die Schule geht und es funktioniert – dann ist das bereits ein Erfolg.
«Kids do well if they can»
Absentismus beginnt für Frey im Übrigen schon früher – nämlich dann, wenn ein Kind physisch zwar anwesend ist, gedanklich aber längst woanders. «Wenn ich jeden Tag denke, was ist das für ein Scheiss, ich will gar nicht da sein – bin ich zwar da, aber eigentlich nicht präsent.» Die entscheidende Frage sei deshalb nicht nur, ob ein Kind in die Schule kommt, sondern ob es sich dort wohlfühlt.
Zentral sei die Haltung: «Das Kind kann nicht. Es ist kein Nicht-Wollen, sondern ein Nicht-Können.» Diese Grundannahme – «Kids do well if they can» – öffnet Handlungsspielräume.
Produktion: Ellie Media
Sammy Frey hat selber einen Podcast. In «Schuelfrey» spricht er mit Expertinnen und Experten zu Themen aus dem Schulalltag.
Informationen zur Folge
Veröffentlicht am 10. November 2025
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