Ist mein Kind reif für den Kindergarten?
So, das Kind ist 4. Jetzt ist fertig Larifari – ab in den Kindergarten. Hell no!
Was sind wir bloss für Rabeneltern! Wir ruinieren die Zukunft unseres Kindes, weil wir es noch ein Jahr vom Kindergarten fernhalten wollen. Das suggeriert jedenfalls der Kinderarzt. Aber von Anfang an:
Unser Dreieinhalbjähriger soll ab Sommer in den Chindsgi – gemäss dem kürzlich erhaltenen Aufgebot. Wie viele andere Kantone hat Zürich aufgrund der Harmonisierung der obligatorischen Schule den Stichtag auf den 31. Juli festgelegt. Wer davor geboren ist, gilt als parat. Wenige Wochen nach seinem vierten Geburtstag soll der Bub also das Leuchtdreieck überziehen und lostrippeln Richtung Ernst des Lebens. Nä-ä!
Kann ich einfach noch nicht loslassen? Will ich nur ein weiteres Jahr auch unter der Woche viel Zeit mit ihm verbringen, gemeinsam die Welt entdecken? Wollen wir Eltern lediglich noch ein Jahr flexibler bleiben bezüglich Ferienplanung?
Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
Wäre er parat für den Kindergarten – und wir Eltern sind das Problem?
Auf einem Merkblatt der Schulbehörde stehen Kriterien für die Kindergartenreife. Das Kind sollte unter anderem…
…tagsüber keine Windeln mehr tragen und selbständig auf die Toilette gehen. Check.
…sich möglichst alleine an- und ausziehen können. Yup. Das Ausziehen funktioniert vor allem dann zackig, wenn wir dringend aus dem Haus sollten, alle schon warm eingepackt sind und ich ganz kurz wegschaue.
…Grenzen akzeptieren. (Ja und Nein kennen.) Was jetzt: Kenntnis oder Akzeptanz? Wie Eltern aus Erfahrung wissen, liegen in der Autonomiephase Welten zwischen verstehen und einverstanden sein.
…sich die Hände selber waschen und die Nase putzen können. Auch hier: Zwischen können und tatsächlich tun, liegen Welten. Universen. Oder drölftausend Ermahnungen.
…sich verantwortlich fühlen für eigene Gegenstände wie Kleidungsstücke, Turnsachen, Schwimmsachen etc. Meistens. Na ja, sagen wir: ab und zu. Oder besser: Wenn’s einen Dinosaurier drauf hat, stehen die Chancen nicht sooo schlecht.
Alles doch ganz normal in diesem Alter.
Und jetzt im Ernst. Es gibt zwei Punkte auf diesem Merkblatt, die tatsächlich schwierig sind. Kindergartenreif ist ein Kind nämlich auch erst, wenn es…
…sich für vier Stunden von den Eltern/Sorgeberechtigten trennen kann. Unser Grosser ist ein Kita-Kind, es geht schon. Aber die Trennung fällt ihm auch nach über einem Jahr in derselben Krippe noch nicht leicht – trotz einfühlsamen Betreuerinnen und obwohl er dann schöne Tage erlebt.
…mindestens 15 Minuten ruhig sitzen und aufmerksam sein kann. An Konzerten kann er zwei Stunden gebannt dastehen, das böse böse iPad stellt ihn auch prima ruhig. Aber am Esstisch oder beim Zugfahren sitzt er selten zehn Sekunden still. Muss ein Vierjähriger das wirklich schon können?
Für uns ist klar: Der Bub soll ein Jahr zurückgestellt werden.
Mit 5 in den Kindergarten – reicht auch!
Offenbar sehen das viele andere Eltern ähnlich, in manchen Kantonen werden Zahlen zu Rückstellungsgesuchen erhoben – sie zeigen einen deutlichen Anstieg. Auch Lehrpersonen klagen über die Probleme mit unreifen Chindsgi-Kindern. Drum wollen nun laut einem Artikel der NZZ einige Kantone das Eintrittsalter wieder erhöhen.
Im Kanton Zürich braucht man für die Rückstellung einen Arztbericht. Der ist in unserem Fall bereits verfasst. Der Kinderarzt hat aber zu bedenken gegeben, dass wir damit die Zukunft unseres Kindes beeinflussen: «Ein hinausgezögerter Kindergarteneintritt bedeutet auch ein späterer Schulbeginn, ein späterer Einstieg ins Berufsleben, allenfalls eine spätere Familiengründung…» Wir Rabeneltern nehmen das in Kauf.
Wie sind Eure Erfahrungen mit dem Kindergarten-Aufgebot und -Eintritt Eurer Kinder? Für Kommentare via Handy bitte gaaaanz nach unten scrollen!
Andrea hat sich auch Gedanken gemacht zum Schuleintritt ihres Sohnes – und hat die heilige Kuh kritisiert.
Und Nicole Simmen hat auf Andreas Schulkritik geantwortet.
Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 18. Februar 2019 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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