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Ich erkläre meinem Sohn die Welt – aber wie?

Mit meinem Sohn habe ich heute Morgen die Wahlberichterstattung der USA verfolgt. Wie erklärt man einem Vierjährigen, was man selber nicht begreifen kann?

Wie erkläre ich meinem Sohn diese Welt? Ein Text von mal ehrlich zur Wahl von Donald Trump

Heute Morgen war ich um sechs Uhr wach. Und dachte, ich träume. Mir ging es wie Millionen von anderen Menschen auf dieser Welt.

Auch der Sohn war schon wach. Er setzte sich mit mir vor den Fernseher, CNN Livestream.

«Kannst du dich noch erinnern? Ich habe dir doch letzte Woche erklärt, dass in Amerika ein neuer Chef gewählt wird. Das passiert jetzt.»

«Warum denn? Ist der andere Chef gestorben?»

«Nein, aber der darf jetzt nicht mehr Chef sein. Leider sieht es jetzt so aus, als würde ein ganz schlimmer Mensch der neue Chef.»

«Warum kann denn ein schlechter Mensch Chef werden?»

«Ich weiss es leider auch nicht.»

Ich habe keine Anworten. Zumindest nicht für einen Vierjährigen. Aber wir Eltern müssen uns fragen, wie wir mit diesen Zeichen der Zeit umgehen wollen. Zeichen, die sich nicht nur am anderen Ende des grossen Teiches zeigen, sondern auch um uns herum. Was wollen wir unseren Kindern vorleben, welche Welt wollen wir ihnen übergeben?

Der politische Aktivist Van Jones hat für CNN die Wahlnacht mitkommentiert und es heute morgen auf den Punkt gebracht:

Wie sollen wir unseren Kindern glaubhaft beibringen, dass Mobbing falsch und der gegenseitige Respekt das wichtigste Gut ist, wenn es der «neue Chef» nicht so vorlebt?

Wie soll ich meinem Sohn klar machen, dass Frauen die gleichen Rechte und Fähigkeiten haben, wenn einer der mächtigsten Menschen der Welt Frauen wie Objekte behandelt? Wenn dieser mir vielleicht eine 5 geben würde, mir Intellekt und Anspruch aufgrund meines Geschlechts abspricht?

Warum sollten sich unsere Kinder nicht lustig machen über Menschen mit Behinderungen – der Präsident der USA tut es doch auch?

Wie sollen wir unseren Kindern beibringen, dass alle Menschen gleich sind, wenn einer der Mächtigsten sie in Gut und Böse unterteilt?

«Hit them hard» ist für Vierjährige durchaus eine Option

Warum sollten sie ihre Konflikte friedlich lösen, wenn «hit them hard» auch eine Option ist, eine, die vor allem bei Vierjährigen und dem neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten äusserst beliebt ist?

Nein, wir haben nicht gewählt, sondern ein Teil einer gespaltenen Nation. Trotzdem ist für uns die Wahl Donald Trumps eine Legitimation von Rassismus, Misogynie und Gewalt. Ich fühle mich persönlich betroffen, ja, es fühlt sich an, als hätte er auch mir in den Schritt gegriffen, und Millionen von Menschen, darunter Frauen, sagen: Hach, get over it, ist doch nicht so schlimm. Doch, ist es.

Die oben genannten Themen begegnen uns auch im Alltag mit unseren Kindern immer wieder. Wenn wir versuchen, sie zu toleranten, respektvollen und friedlichen Menschen zu erziehen. Wie soll ich also meinen Kindern erklären, dass sie gewisse Dinge nicht sagen oder tun dürfen, aber der Chef eines ganzen Landes darf und tut, und bleibt dabei ungestraft?

Je nachdem, was auf uns zukommt, werden sie mich vielleicht einst fragen, wie es so weit kommen konnte. So, wie wir unsere Grosseltern ungläubig angeschaut haben und kopfschüttelnd fragten, warum 1933 Menschen derart hungrig nach Veränderung waren, dass eine inkompetente Lachfigur zum Führer werden konnte, die keiner anfänglich ernst genommen hatte. Die Antwort darauf erleben wir live – per Livestream, Twitter oder Facebook.

Die Verantwortung liegt jetzt auch bei uns. Es sind nicht einfach «die Amerikaner», die Trumpeteers, es ist ein Gedankengut, das um uns herum existiert und heute mit einer grossen Portion Dünger versorgt wurde, auf der ganzen Welt.

Es ist wohl besser, mein Sohn erklärt mir in Zukunft wieder die Welt. Meine ist ins Wanken geraten.

Normalerweise erklärt mein Sohn mir die Welt. Warum ich ein blödes Mami bin. Wie er sich das mit dem Kinderkriegen vorstellt. Und warum Trotzanfälle einfach sein müssen. 

Autorin

Andrea Jansen hat 2016 Any Working Mom gegründet und lange als CEO geführt. Bei mal ehrlich ist sie für Strategie und Business Development verantwortlich. Sie reist gerne durch das Leben und um die Welt, versucht, weniger zu micromanagen und mehr zu schlafen. Sie ist Unternehmerin, Stiftungsrätin, Journalistin und Mutter von drei Kindern. Seit mindestens drei Jahren will sie ihre Website updaten und kommt nicht dazu – bis dahin findet man sie auf Insta als jansenontour.

Informationen zum Beitrag

Dieser Beitrag erschien erstmals am 9. November 2016 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Any Working Mom existierte von 2016 bis 2024. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.


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3 Antworten

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  1. Avatar von Felizitas
    Felizitas

    Merci für den text! Eigentlich wollten wir( ich und die kinder) wetten wer gewinnt! Da ich ihnen aber sagte das es nur eine option gebe die realistisch ist und ziemlich sicher eintretten wird,haben wir dass wetten dan gelassen! Diese wahl zeigt wie am ende das amerika wirklich ist! Schade ,haben wir nicht alle das amerikanische nothing is imposible geliebt! Niemand dachte das dieser satz einmal so zum alptraum wird! Aber wie obama sagte the sun will rise on the other day oder so ungefähr

  2. Avatar von Linda
    Linda

    Ein wirklich tolles Geschenk das mir Amerika zum Geburtstag gemacht hat….

    Das Einzige was uns bleibt, ist unsere Kinder weltoffen und mit ganz viel Respekt für alle Mitmenschen zu erziehen….

    Amerika ist weit weg, und umso schockierter waren wir, als unser Sohn letzte Woche der Schwester “schwules Schwein” ausgeteilt hat. Natürlich kam es von einem Schulkameraden, und dieser hatte es vielleicht auch von einem anderen Schüler, aber irgendwo gibt es in unserer Umgebung sicher auch Eltern, die genauso Homophob denken und dies ihren Kindern mitgeben. Und genau das macht Angst!

    1. Avatar von Andrea
      Andrea

      Trotzdem happy birthday….und danke für’s Teilen deiner Gedanken!