Vorsätze für heute, morgen, gestern
Neue Vorsätze ab dem 1. Januar? Was für eine Schnapsidee. Veränderungen geht man besser häppchenweise an. Wie Fondue Chinoise halt.
Mehr Sport, mehr Sex, mehr grüne Smoothies, mehr Zeit, mehr Weniger.
Irgendwer hatte mal die Idee, dass der Jahreswechsel doch eine gute Zäsur wäre, um von heute auf morgen alles anders und vor allem: besser zu machen.
Der Einfall muss nach einem fetten Fondue und drei Runden Kirsch gekommen sein, denn: Was für eine Schnapsidee!
Neue Gewohnheiten aufbauen
Ab dem 1. Januar nur noch vegan? Jeden Tag ins Fitnessstudio? Einen Juicer kaufen? Wir sind gar nicht gemacht für dermassen radikale Umstellungen und verlieren deshalb relativ rasch die Motivation. Unsere Willensstärke müsse man trainieren wie ein Muskel, meint James Clear, der Autor von “Atomic Habits”, und deshalb mit kleinen Gewichten anfangen. So, dass man am besten fast nichts merkt.
Research shows that willpower is like a muscle.
Mit meinen Vorsätzen oder Veränderungen habe ich denn auch schon länger angefangen, und die neue Zahl hinter der 20 wird auf deren Umsetzung wenig Einfluss haben. Viel mehr merke ich, wie meine neuen Gewohnheiten mir gut tun. Wenn es sich nicht mehr wie ein «Müssen» anfühlt, sondern wie ein «Dürfen» – dann ist der neue «Habit» eben auch kein Punkt mehr auf der To-do-Liste. Sondern quasi ein Selfie-High-Five.
Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
Konkret: Machbare, kleine Veränderungen im Alltag
Hier steht nun nichts Neues. Nichts, was nicht auch schon in einer Frauenzeitschrift stand oder wozu es nicht 236 Instagram-Accounts gäbe. Alles scho mal ghört. Meine Vorsätze sind klein, aber effektiv, ein bisschen Häbsch-mi-Gschpürsch-mi, das gebe ich zu, aber vielleicht ist das eben auch gar nicht so schlimm, wie ich früher immer dachte, denn gehäbt werde ich grundsätzlich ja gern. Deshalb:
Vorsatz Nummer 1: Meh Liebi!
Grundsätzlich liebevoll zu agieren und anderen Menschen – allen Menschen! Ja, auch dem Typ mit den fettigen Haaren und dem Motörhead-Shirt, und auch der Dreifachmutter mit den Silikonbrüsten – aus einer liebevollen Haltung heraus zu begegnen, ist nicht immer einfach. Sich vorzustellen, dass wir alle eins sind, und auch diese Menschen, mit denen ich vordergründig so gar nichts gemeinsam habe, ihre eigene Geschichte mit sich herumtragen, befreit aber auch.
Denn wer anderen mit Liebe und auf Augenhöhe begegnet, darf automatisch auch davon ausgehen, dass man auch selber akzeptiert wird. Das gibt Sicherheit, und das blöde Gefühl von “Was denkt die wohl über mich?” ist plötzlich – und sehr befreiend – weg.
Dazu auch:
- Ade Mütter-Bashing, olé Sisterhood!
- I WEIGH – Insta-Account
- Using Mindfulness to choose Love over Fear
Vorsatz Nummer 2: Mehr Moment
Natürlich kann man sich jetzt auch ins Achtsamkeits-Seminar stürzen und sieben Hörbücher kaufen. James Clear würde es wohl kleiner angehen: Dem Vogel zuhören, wenn er auf dem Nachbarsdach singt. Staunen, wie ein Regentropfen vom Blatt perlt. Das eigene Kind beobachten und kaum glauben, dass dieses Geschöpf tatsächlich aus einem selbst herausgeschlüpft ist. Mindfulness-Babysteps.
Dazu auch:
- Die Eso-Tante und der kleine Guru – Achtsamkeit mit Kindern leben
- Meditiert! – Warum Meditation wirklich hilft
Vorsatz Nummer 3: Mehr Flow
Sport, Sex, Meditation, Ausmalbücher für Erwachsene, Kochen, Laufen – sie haben eines gemeinsam: Unser Bewusstsein konzentriert sich ganz bewusst auf eine einzige Sache, wir blenden die 1000 Gedanken im Bienenstock unseres Gehirns aus und fokussieren. Das gibt Energie, es erdet, man sieht danach klarer. Jeder findet seinen Flow woanders – bei mir ist es – ganz mainstream und oh-so-klischiert – Yoga.
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- Die Vagina ist keine Turnhalle
- F**k #blessed: Yoga ist kein Lifestyle, sondern passt in jeden Alltag
- Waking Up with Sam Harris
- App: Glo
Vorsatz Nummer 4: Mehr What Ifs
Was wäre, wenn unser jetziges Leben nur eins von vielen wäre? Was wäre, wenn all die Tatsachen in unserem Leben plötzlich keine mehr wären? Was, wenn Physik nur eine Vorstellung ist? Was wäre, wenn wir ganz woanders geboren worden wären? Was, wenn die Erde flach wäre? Wie würden wir die Welt sehen?
Aus der eigenen Comfort Zone herauszutreten und sich Gedankenexperimenten und anderen Realitäten auszusetzen, ist beunruhigend. Wenn nichts mehr sicher ist, kann man sich nirgends mehr festhalten. Und trotzdem ist es spannend, wie eine kleine Achterbahn vom Sofa aus. Den eigenen Horizont in alle Richtungen zu erweitern, lässt plötzlich die eigenen Probleme kleiner werden. Glauben muss man ja noch lange nicht alles, gell, liebe Flatearthers.
Dazu beispielsweise:
Vorsatz Nummer 5: Mehr Vertrauen
Wie oft haben wir schon etwas nicht getan, weil “Was denken die dann bloss über mich?”. Wie oft haben wir etwas getan, oder gesagt – oder noch öfter: geschrieben – und haben uns danach gefragt, ob der Rezipient das in den falschen Hals gekriegt hat, verärgert oder beleidigt ist, und ob wir uns jetzt präventiv entschuldigen müssen, weil wir falsch zwischen den Zeilen gelesen haben?
This is just a story you tell yourself!
Sagte mir kürzlich ein Freund. Die Geschichte, die Reaktion, die ich mir zusammengesponnen hatte – für sie gab es keinerlei Hinweise auf der anderen Seite. Keine Reaktion vom Empfänger meiner Nachricht? Vielleicht einfach keine Zeit? Ein kurzes, knappes “Ja” – vielleicht gerade im Stress? Vielleicht ist gar niemand hässig auf mich?
Lernen, zu vertrauen. In sich, und in andere. Wer mir etwas sagen möchte, darf das tun. So lange ich aber immer im besten Interesse und ehrlich handle, ist alles andere, was ich mir so zusammenspinne, sehr wahrscheinlich nur eine Geschichte, eine Sammlung aus meinen Gedanken, Ängsten, Gefühlen. Mit der anderen Person haben sie nichts zu tun – denn die hat ihre eigene Story. Und ich kann aufhören, mir Sorgen zu machen über imaginäre Probleme, sondern sie dann lösen, wenn sie tatsächlich auftreten sollten. Was sie selten tun.
Dazu auch:
Vorsatz Nummer 6: Mehr Manifestieren
Bevor wir komplett in die Eso-Ecke abdriften (Horizont erweitern – remember!) – denn das wäre mit diesem Stichwort sehr gut und schnell möglich – das Ganze in a nutshell: Was wir ausstrahlen, das ziehen wir auch an. Und je stärker wir uns in einen Lebensentwurf hineinfühlen, uns als glücklichen Menschen sehen, umso wahrscheinlicher werden wir auch glücklich werden. Oder sind es bereits.
Positiv denken ist also das eine – positiv fühlen – insbesondere auch sich selber gegenüber! – ein effektiver Vorsatz.
Dazu auch:
- Sei netter zu Dir selbst! – Podcast mit Ronja Sakata
- Manifesting the Life you want
- Selbstliebe meint nicht, dass ich mich immer perfekt finden muss! – Podcast mit Yonni Moreno Meyer
Vorsatz Nummer 7: Mehr Merci
Es gibt jeden Tag Gelegenheit, für etwas dankbar zu sein. Sei es die Gesundheit, das Essen auf dem Teller oder einfach für den nächsten Atemzug. Sich das bewusst zu machen, hebt oft die Laune, auch an einem Scheisstag. Was nicht heissen soll, dass man solche nicht auch haben darf. Alles Arschloch? Soll’s und darf’s auch geben.
Einige schwören auf ein «Gratitude-Journal» in dem man jeden Abend drei Dinge aufschreibt, für die man dankbar ist. So weit bin ich noch nicht, aber die neue Gewohnheit will ja erst trainiert werden. Bis dahin: für mich, ein bisschen Dankbarkeit, jeden Tag, so zwischen Kafi machen und Kinder in die Schule schicken. Gründe gibt es ja genug. Und zwar nicht erst ab dem 1. Januar.
Dazu auch:
Eure persönlichen Wünsche oder Vorsätze würden wir ebenfalls gerne hören. Gerne in die Kommentare, Danke!
Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 4. Januar 2020 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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