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Wiedereinstieg in den Beruf: So klappt es besser

Wenn wir an die Rückkehr ins Berufsleben denken, sehen wir oft viele Hürden. Ja, es gibt sie – aber es gibt Unternehmen, die sich für Lösungen einsetzen. Wir zeigen Zukunftsperspektiven und haben einige Tipps zusammengetragen.

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Wie kann man die Hürden beim Wiedereinstieg in den Beruf minimieren? mal ehrlich

Das Baby ist schon eine Weile auf der Welt, der Alltag nicht mehr totales Chaos. Die Eltern haben sich daran gewöhnt, komplett fremdbestimmt zu sein, nie mehr als zwei Minuten saubere Kleidung zu tragen, beim Blick in den Spiegel immer Augenringe zu sehen. Genau dann ist es für viele Mütter Zeit für den nächsten Schritt, ob aus finanzieller Notwendigkeit oder aus persönlichem Wunsch: der Wiedereinstieg in den Beruf.

Mal ehrlich, ich dachte vor der Geburt meines ersten Kindes: «Back to Business? Kein Problem!» Ich glaubte, Beruf und Familie lassen sich locker vereinen

You dreamer, du. Ich kam auf die Welt. Ähnlich ging es vielen anderen Eltern, aus ganz verschiedenen Gründen; einige gesammelte Beispiele kommen in diesem Artikel vor. Viele Erfahrungen von Eltern zeigen:

Der Wiedereinstieg in den Beruf ist kein Spaziergang, sondern ein Hürdenlauf.

Auf Missstände hinweisen, jammern, sich austauschen – alles wichtig, damit sich niemand allein fühlt und das Gefühl hat, zu versagen. Nur glauben wir, dass der Fokus aufs Negative zu oft bremst, uns Energie raubt und das Vorwärtsschreiten verunmöglicht. Drum möchten wir immer auch das Positive hervorheben, Ideen entwickeln und uns für ein Miteinander statt Gegeneinander einsetzen. Umso mehr freuen wir uns über eine neue Initiative unseres Partners SBB:

Die SBB lanciert eine Initiative für Wiedereinsteiger:innen. Mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, konkreten Einstiegsmodellen, vorbildhaften und inspirierenden Führungskräften sowie verschiedenen Unterstützungsangeboten für Familien.

Warum? Eine von der SBB initiierte Studie der ETH Zürich hat den Wert von Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteigern für die Wirtschaft untersucht. Das Resultat: Eltern wie Führungskräfte sind überzeugt, dass die unterstützte Wiedereingliederung ins Berufsleben grosse Vorteile nach sich zieht. Eltern haben eine hohe Motivation, sie haben sich durch ihre neue Rolle nützliche Kompetenzen erarbeitet wie zum Beispiel eine fokussierte Nutzung der Zeit. Wenn ein Unternehmen mehr Möglichkeiten für den Wiedereinstieg in den Beruf schafft, erhöht das die Loyalität und die Identifikation der Mitarbeitenden mit der Firma – was zu weniger Fluktuation und geringeren Rekrutierungskosten führt.

Tönt subbi, was die SBB da lanciert hat – aber was bedeutet es konkret?

Ihr kennt sicher unser Früher-heute-Spiel. Wo es darum geht, unsere früheren Vorstellungen über Elternschaft mit der Realität abzugleichen. Das Spiel hab ich jetzt leicht modifiziert. Nennen wir’s das Heute-Zukunft-Spiel. Denn wenn andere Unternehmen der Vorreiterin SBB folgen, könnten viele heutige Hürden des Wiedereinstiegs in den Beruf bald niedriger werden oder verschwinden.

Hürde #1: Mutterschaftsurlaub

Heute:

14 Wochen bezahlte Pause für die Mutter. Dem Vater werden ja wohl zwei Wochen Vaterschaftsurlaub reichen für die Geburt und das Klarkommen mit der neuen Situation. Für die paar Dinge, die man im Umgang mit einem Kind lernen muss, sollte es doch irgendein YouTube-Tutorial geben. Und wenn die Partnerin mehr Unterstützung einfordert, soll sie halt eine Liste mit Anleitungen schreiben. Dafür hat sie im langen Mutterschaftsurlaub genug Zeit.

Ironie off. Es gibt tatsächlich schon einige Unternehmen, die mehr Zeit zur Verfügung stellen. Die erkennen, dass es nur zu ihrem Nutzen ist, wenn der Wiedereinstieg in den Beruf dann erfolgt, wenn die Mutter nicht mehr komplett am Anschlag ist.

Zukunft:

Mehrere Wochen für die Mutter, mehrere Wochen für den Vater, frei einteilbar. (Noch wünschenswertere Zukunft, wenn auch die Politik und die Bevölkerung den gesellschaftlichen Wandel unterstützen und vorantreiben: mehrwöchige Elternzeit, frei aufteilbar.)

Bei der SBB erhält die Mutter gemäss der Initiative für Wiedereinsteiger:innen 18 Wochen Mutterschaftsurlaub, der Vater 20 bezahlte Urlaubstage. Zudem besteht während der ersten sechs Jahre die Möglichkeit, einen unbezahlten dreimonatigen Erziehungsurlaub zu nehmen.

Ein essenzieller Abschnitt in der neuen ETH Studie über den Wert von Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteigern für die Wirtschaft lautet: «Viele der Befragten betonten, dass die Eingebundenheit des Vaters in die Familie ein wichtiger Erfolgsfaktor ist, um die Mütter im Umgang mit der Doppelbelastung zwischen Arbeit und Familie zu entlasten. Entsprechend sollten die Massnahmen, die für Mütter angeboten werden (z.B. Reduktion des Arbeitspensums) auch für Väter verfügbar sein.»

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Wenn Väter stärker eingebunden sind, ist die Vereinbarkeit für Mütter einfacher. (Bild: Unsplash)

No big News für uns, aber trotzdem wichtig, dass das immer wieder betont und durch Studien untermauert wird.

Hürde #2: Jobsuche

Heute:

«Hm, dieses Stelleninserat ist nicht so eindeutig. Es steht zwar, die Firma habe «zeitgemässe Arbeitsmodelle’. Aber sind das wieder so Floskeln? Und dann heisst es nachher trotzdem: «Wir hatten mehrere Bewerber für Vollzeit und haben deshalb auf diese fokussiert.’ Oder «Wir glauben, dass diese Stelle nicht geeignet ist für Menschen, die privat gerade stark eingebunden sind.’ Ich bin zu müde, um mich stundenlang an eine Bewerbung zu setzen bei einem derart schwammigen Inserate-Text. Oder soll ich mich bewerben und einfach mein Kind nicht in den CV reinnehmen, um eine Chance zu haben?»

Zukunft:

«Ah, toll! Hier steht gross: «Suchen Sie eine Wiedereinstiegsmöglichkeit? Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!’ Und es wird deutlich, dass Jobsharing möglich ist und dass sich die Stellenausschreibung an Frauen und Männer richtet.»

Hürde #3: Vorstellungsgespräch

Heute:

«Grüezi, Sie haben sich auf die Teilzeitstelle als … beworben. Wir würden Sie gerne zu einem Jobinterview einladen. Haben Sie morgen um 8.30 Uhr Zeit?»

«Das freut mich! Leider ist es mir unmöglich, so kurzfristig eine Betreuung für mein Baby zu organisieren. Mein Mann muss diese Woche unterrichten. Und die Grosseltern sind in den Ferien.»

«Aha. Wie wäre es denn übermorgen um 8.30?»

«Ah, okay, es ist also eilig. Ich könnte meine Nachbarin fragen. Gäbe es auch einen etwas späteren Termin? Meine Nachbarin arbeitet Nachtschicht und müsste sonst extra wegen mir frühmorgens aufstehen.»

«Hm. Sie wirken nicht so, als ob Sie sich wirklich für den Job interessieren. Ich glaube, wir lassen das besser.»

Zukunft:

«Grüezi, Sie haben sich auf die Teilzeitstelle als … beworben. Wir würden Sie gerne zu einem Gespräch einladen. Haben Sie an Tag … um … Zeit?»

«Toll! Ich muss leider erst schauen, wie ich die Kinderbetreuung organisieren könnte.»

«Kein Problem. Falls Sie keine passende Lösung finden oder diese Betreuungsperson kurzfristig ausfällt, können wir Ihnen eine Kinderbetreuung an unserem Standort organisieren. Wir wissen, dass Unvorhergesehenes zum Alltag gehört. «

Hoffentlich nehmen sich viele Unternehmen dieses Vorgehen der SBB zum Vorbild. Es kann so einfach sein, Eltern ein Gefühl von Wertschätzung und Unterstützung zu geben. Wer so agiert, zeigt:

Wir engagieren uns WIRKLICH für den Wiedereinstieg in den Beruf.

Einige Tipps für alle, die sich für eine neue Stelle bewerben und mit Hürden 2 und 3 kämpfen:

– Kinder müssen nicht zwingend im Lebenslauf erwähnt werden. In anderen Ländern ist es gar nicht erlaubt, Persönliches wie Alter, Zivilstand, Kinder oder Hobbies im CV zu verlangen, das Einfordern solcher Angaben verstösst gegen das Diskriminierungsgesetz. Wenn man die Kinder aber erwähnt, sollte man unbedingt auch anmerken, dass die Betreuung geregelt ist.

– Bei der Einladung zu Vorstellungsgesprächen fühlen sich viele Eltern am Telefon überrumpelt. Meist kräht ja im Hintergrund just in dem Moment das Baby los oder die Kinder versuchen gerade, mit Mehl eine Winterlandschaft ins Haus zu zaubern. Es hilft, sich die Termin-Vorschläge zu notieren und einen Rückruf zu vereinbaren. Dann passiert es nämlich weniger, dass man in Bezug auf das Jobinterview uninteressiert klingt, weil man gleichzeitig die Mehlpackung erwischen will oder den Nuggi sucht. Oder dass man mögliche Betreuungspläne durchdenkt und, um die Stille zu füllen, der Person am anderen Ende der Leitung Details und Überlegungen preisgibt, die diese nichts angehen und die sie im schlimmsten Fall vermuten lassen, man sei wohl ungeeignet, einem einfachen Termin nachzukommen.

– Wenn sich für die vorgeschlagenen Termine keine Betreuung findet, lohnt sich manchmal die Nachfrage beim Unternehmen, ob man das Baby mitnehmen dürfe. Das ist sicher keine optimale Variante, weil Kinder nicht so wirklich berechenbar sind und ein Jobinterview Konzentration benötigt. Natürlich kommt es sehr auf das Unternehmen an und auf die zu besetzende Stelle. Aber ich kenne einige Fälle, wo die Mitnahme des Babys sogar positiv gewertet wurde:

Einmal zeigte sich der Vorgesetzte beeindruckt, dass die Bewerberin sich so für den Job engagierte, dass sie halt ihr Kind mitnahm. Einmal schlug der HR-Verantwortliche nach der Rückfrage der Bewerberin vor, man könne draussen mit dem Kinderwagen um den Block laufen und dort alles besprechen, ein bisschen Bewegung würde ihm ohnehin gut tun. Und einmal kam ein Vater mit seinen drei Kindern in einer Firma zum Jobinterview, führte das Gespräch, während die Kinder auf dem Boden mit Lego spielten und erhielt danach das Lob, dass er in herausfordernden Situationen offenbar einen ruhigen Kopf behalte – optimal für den ausgeschriebenen Job.

Ihr seht: Es gibt Lösungen und Unternehmen sind manchmal sehr flexibel oder hilfsbereit, wenn man sie auf ein Problem aufmerksam macht oder sogar Ideen liefert.

Hürde #4: Kinderbetreuung

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Und was machen die Kinder, während Mami arbeiten geht? Die Betreuung bereitet vielen Eltern Kopfzerbrechen. (Bild: Farner/SBB)

Heute:

Die grösste Hürde von allen. Heute gibt es zwar deutlich mehr Betreuungsangebote. Vor wenigen Jahren musste man sein potenzielles Kind schon für einen Krippenplatz anmelden, wenn man sich im Ausgang zum ersten Mal geküsst hatte und dachte, das könnte allenfalls eine Beziehung ergeben, die zu einer Familiengründung führt. (Was ich als Teenager bei jedem Kennenlernen und jedem Kuss dachte – aber das ist eine andere Geschichte.)

Es existieren zwar genügend Betreuungsplätze, nur kosten die halt ordentlich viel Geld. (Und das nicht, weil die Betreuungspersonen angemessen entlöhnt werden, aber das ist ebenfalls eine andere Geschichte.) Für viele Eltern ist der finanzielle Aspekt der Hauptgrund, weshalb sich ein Wiedereinstieg in den Beruf nicht lohnt: Es ist ein Nullsummenspiel. Nur wer seinen Job wirklich liebt und sich im Berufsleben wertgeschätzt fühlt, nimmt die Zusatzbelastung fürs Familienleben in Kauf, wenn der erarbeitete Lohn gerade mal die Betreuungskosten deckt.

Zukunft:

Die Kosten der Kinderbetreuung lasten nicht mehr zum Grossteil auf den Erwerbstätigen. Bei der SBB zum Beispiel werden je nach Einkommen der Mitarbeitenden bis zu 90 Prozent der Betreuungskosten übernommen.

Nach der Corona-Krise und dem Lockdown wurde öffentlich vielfach der Wunsch geäussert, dass Bund und Kantone künftig mithelfen, die Kosten für Kinderbetreuung zu senken, um in der Gleichstellung endlich einen entscheidenden Schritt vorwärtszukommen. Leider sieht es diesbezüglich bisher nicht nach einer Lösung aus. Aber wenn mehr Firmen den Wert von Wiedereinsteiger:innen erkennen, dann tut sich hoffentlich von Unternehmensseite her etwas.

Update September 2023:

Die parlamentarische Initiative 21.403 will den Bund verpflichten, bis zu 20 Prozent der Elternbeiträge an Kindertagesstätten zu übernehmen. Die entsprechende Vorlage stiess während der Vernehmlassung auf grosse Zustimmung, und der Nationalrat hat sie im März 2023 verabschiedet. Doch nun droht das Geschäft im Ständerat zu scheitern. Mehr Infos hier.

Hürde #5: Arbeitszeit

Heute:

Pensenreduktion und Jobsharing sind schon länger ein Thema, werden aber immer noch grösstenteils von Frauen genutzt. Und dass sich Führungsfunktionen und Teilzeitarbeit beissen sollen, hat sich leider immer noch in zu vielen Kaderköpfen festgebissen.

Ein positiver Effekt der Corona-Krise ist allerdings, dass Homeoffice und flexible Arbeitszeiten in den letzten Monaten mehr Akzeptanz erhielten.

Zukunft:

Flexibilität, in jeder Hinsicht. Daheim, von unterwegs oder im Büro arbeiten? Lässt sich alles organisieren. Die Mittagszeit mit den Kindern verbringen und dafür abends nochmals an den Laptop sitzen? Klar. Das Pensum selbstverantwortlich verwalten, je nach Auftragslage und familiärer Situation? Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser.

Wir machen es bei unseren Kindern intuitiv und wissen eigentlich, dass es im Berufsleben dasselbe ist: Menschen, die sich ernst genommen fühlen und einen gewissen Handlungsspielraum haben, sind wesentlich zufriedener und kooperativer. Gut, wenn das auch Unternehmen erkennen und moderne Arbeitsweisen ermöglichen.

Hürde #6: Wissenslücken

Früher:

Luisa ist 34 und war vier Jahre Hausfrau und Mutter, das war ihr grosser Wunsch. Nun wagt sie den Wiedereinstieg in den Beruf, fühlt sich aber unsicher. In ihrer Branche hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Kann sie mithalten? Die Selbstzweifel sind riesig und sie weiss nicht, auf welche freie Stelle sie sich überhaupt bewerben soll. Und ob sie die Kraft hat, sich in der Freizeit all das verpasste Wissen anzueignen. Der Mut schwindet, sie bewirbt sich für eine Stelle, die nicht ihrem Ausbildungsniveau entspricht. Und wird abgelehnt, weil sie überqualifiziert sei. Jetzt steckt sie fest und weiss nicht weiter.

Zukunft:

Back-to-Business-Programme sind nicht mehr Ausnahmen, sondern Standard. Es gibt neben der längst etablierten Weiterbildung «Women back to Business» der Uni St. Gallen auch zahlreiche Arbeitgeber wie die SBB, die Programme für Wiedereinsteiger:innen entwickelt haben. Von kleinen Auffrischungskursen zu mehrmonatigen On-the-Job-Ausbildungen. Und es gibt mehr Möglichkeiten und professionelle Kurse für Eltern, die ein eigenes Business aufziehen wollen.

Die Unternehmen haben zudem erkannt, dass die Unsicherheit bezüglich Wiedereinstieg in den Beruf oftmals gar nicht von Wissenslücken herrührt, sondern dass nur das Selbstvertrauen fehlt. Mit dem Fördern von Austausch unter Mitarbeitenden, mit der Sichtbarmachung von Rollenvorbildern innerhalb des Unternehmens und mit Zuspruch statt Druck schaffen sie eine Atmosphäre, in der Entwicklung leichter möglich ist. Oder wo Probleme unkompliziert angesprochen und bestenfalls behoben werden.

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Ein ehrlicher Austausch: Kann manchmal so gut tun und viel bewirken. (Bild: Unsplash)

Klingt das zu träumerisch? Zugegeben, es ist in vielen Unternehmen noch überhaupt nicht so. Aber auch hier können wir alle gemeinsam am Wandel arbeiten und die Hürden abschwächen. Es ist kein grossser Aufwand, ein lockeres Lunchmeeting unter Kolleg:innen zu organisieren, zum Beispiel zum gemeinsamen Wissensaustausch. Dabei merkt man oft, dass so viele im selben Boot sitzen, sich unsicher fühlen; und man kommt gemeinsam auf Ideen, wie sich gewisse Problematiken mindern liessen. Ich kenne einige Beispiele von Unternehmen, wo die Leitung enorm froh war um konkrete Problemschilderungen und Vorschläge von den Mitarbeitenden – für Schulungen, Auffrischungen, Mentoring Programme etc.

Hürde #7: Unwägbarkeiten

Früher:

«Chef, bitte entschuldige, ich komme etwas später ins Büro. Mein Kind ist krank und kann nicht in die Kita, ich muss zuerst eine andere Betreuungslösung organisieren.»

 Chef, Vater von vier Kindern: «Das geht doch nicht, wie soll ich denn Sitzungen planen können, wenn du einfach wegen sowas ausfällst?!»

* * *

«Chefin, darf ich den Rest des Auftrags am Weekend erledigen? Ich bin total übermüdet, weil mein Baby in der Nacht ständig geweint hat. Ich kann mich jetzt kaum mehr konzentrieren und möchte das fehlerfrei machen.»

Chefin, Mutter von zwei nun erwachsenen Kindern: «So? Also ich konnte früher nicht einfach blau machen, weil ich bisschen müde war. Ich habe kurz nach der zweiten Geburt diese Firma aufgebaut, habe geackert und die Familie versorgt. Ohne zu murren.»

Zukunft:

Hier habe ich ehrlich gesagt am wenigsten Hoffnung, dass sich solche Verhaltensweisen grundlegend ändern. Es menschelt halt. Da kann ein Unternehmensleitbild noch so positiv formuliert sein, kann der Wiedereinstieg in den Beruf in vielen Punkten sorgsam begleitet werden… letztlich wird es sie immer geben: die Vorgesetzten ohne Verständnis für Unwägbarkeiten, die Arbeitskolleg:innen mit Groll gegen empfundene Extrawürste von Eltern, die missgünstigen Eltern mit nun grösseren Kindern, die dagegen sind, dass es irgendöpper einfacher haben soll als sie damals.

Unternehmen können schulen, sensibilisieren, empfehlen – aber letztlich liegt es hier auch an uns, für unsere Lebensweise und unser Verhalten einzustehen. Wir können uns im Arbeitsumfeld Verbündete suchen, mit denen wir gegenseitigen Zuspruch pflegen. Uns gemeinsam Vorgehensweisen überlegen, wie wir Vorgesetzte auf ihre unpassenden Äusserungen aufmerksam machen. Den Dialog suchen mit grollenden Kolleg:innen. Und wenn alles nichts hilft: unsere Energie anderem zuwenden – den Dingen, die wir beeinflussen können.

Wie habt Ihr Euren Wiedereinstieg erlebt, welche Hürden oder Lösungen gab es? Wir freuen uns wie immer über Kommentare!

Full Disclosure: Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit unserem Partner SBB. Mit der Lancierung der Initiative für Wiedereinsteiger:innen möchte die SBB Rahmenbedingungen schaffen, die den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt erleichtern.

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Porträtfoto von Anja Knabenhans - Chefredaktorin mal ehrlich AG

Autorin

Anja Knabenhans ist die Content-Chefin von mal ehrlich. Sie war viele Jahre Journalistin bei der NZZ und NZZ am Sonntag – als Schreibende oder Tätschmeisterin, manchmal auch vor der Kamera oder hinter dem Podcast-Mikrofon. 2017 stieg sie bei Any Working Mom ein. Neben ihrer Tätigkeit bei mal ehrlich macht sie ihr eigenes Ding mit ding ding ding. Während sie beruflich ihre Freude am Tüpflischiss auslebt, zelebriert sie daheim das familiäre Chaos. Sie ist Mutter von zwei Kindern im Schulalter.

Informationen zum Beitrag

Dieser Beitrag erschien erstmals am 29. Juni 2020 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Any Working Mom existierte von 2016 bis 2024. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.


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4 Antworten

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  1. Avatar von Sara
    Sara

    Liebe Zora
    80% ist übrigens Teilzeit!
    Ich selber arbeite 80%, aber das Pflichtenheft ist mindestens 100%. In der Tat arbeite ich auch eher 100%. Trotz langen Tagen, Telefonate am Abend und Lohneinbusse belibt für mich der Freitag heilig.
    Weniger als 80% ist tatsächlich schwierig und geht ohne Downgrading zimlich nirgends. Vielleicht gibt es spezielle Nichen wo das möglich ist? Oder vielleicht in Jobsharing?

  2. Avatar von Chrissie
    Chrissie

    …Bei der SBB zum Beispiel werden je nach Einkommen der Mitarbeitenden bis zu 90 Prozent der Betreuungskosten übernommen….

    Soweit ich gesehen habe nur für die eigenen Krippen. Pech für diejenigen, die eine Krippe nahe beim Wohnort möchten. Damit der Vater auch bringen und holen kann. Ist auch praktischer wenn man die Möglichkeit von zu Hause zu arbeiten nutzen möchte.

    1. Avatar von Zora
      Zora

      Danke für den interessanten Bericht. Ich habe als grösstes Hindernis erlebt bzw. erlebe es immer noch, dass es wenig Unternehmen in der Wirtschaft gibt, die Teilzeit ermöglichen. Ich hatte vor der Geburt eine Kaderstelle im HR bei einem grösseren Unternehmen. Als ich schwanger wurde, hiess es zuerst, dass es sicher eine Lösung geben wird, aber schnell wurde klar, dass meine Stelle neu besetzt wird, als ich mitteilte, dass ich weniger als 80 Prozent arbeiten möchte. Ähnliches erlebe ich in meinem Umfeld. Wer weniger als 80 Prozent arbeiten möchte, verliert entweder die Stelle oder wird massiv runtergestuft. Danach wieder einzusteigen ist schwer, weil es gerade im Kaderbereich kaum Teilzeitstellen gibt. Ich habe mir das Wiedereinstiegsprogramm der SBB angeschaut. Leider ist es im HR-Bereich ein Programm, wo es um Sachbearbeitung geht, von der Übernahme höher qualifizierter Tätigkeiten steht nichts. Es wäre toll, wenn da endlich ein Umdenken stattfinden würde, dass es auch für Stellen mit mehr Verantwortung nicht zwingend ein Vollzeitpensum braucht!

  3. Avatar von Sara
    Sara

    Interessanter Artikel
    Was mich erstaunt, ist das hier die Elternrolle immer in den Vordergrund gestellt wird. Ich finde das grundsätzlich falsch. Eltern sollten nicht wegen ihrer Rolle speziell geschont werden und dies schon gar nicht fordern (schon gar nicht als Mutter). Das würde nur zu noch mehr Diskriminierung führen.
    Also, Beruf und Familie trennen. Das fängt schon beim CV an. Kinder, Alter, Geschlecht, gehören nicht auf den CV. Dies sagt ja nichts über die Performance aus. Das führt höchstens zu falschen Interpretationen bzw. Diskriminierung. Wieso sollten sich Eltern (meistens die Frau) über die Betreuungssituation erklären? Das ist Privatsache. Wenn jemand sich auf eine Stelle bewirbt, wird doch einfach angenommen, das diese Person das Pensum stützen kann und sich dementsprechend organisiert. Und organisieren kann man sich, auch kurzfristig vor einem Interviewtermin.
    Für mich war das das einzige Rezept, das mich von Diskriminierung schützte.