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«Mein Mutterherz blieb stehen. Weil dein Herz aufgehört hat, zu schlagen.»

Das Kind stirbt im Mutterleib. Und dann? Ein berührender Brief an ein Sternenkind. Weil Totgeburten oder Fehlgeburten kein Tabuthema sein sollten.

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Liebe Luna, mein Kind

Acht Wochen ist es heute her, dass mein Mutterherz stehen blieb. Weil dein Herz aufgehört hat, zu schlagen. Als ich dich auf dem grossen Ultraschall-Bildschirm sah, habe ich sofort gesehen, dass du dich schlafen gelegt hast. In den Wochen zuvor hast du dich jeweils in meinem Bauch ausgetobt, bist herumgehüpft, hast uns zugewinkt, dein Herzchen pochte. Nun aber war alles anders.

Seither ist unser Leben anders – und trotzdem gleich

Unser Alltag hat sich nicht wesentlich verändert und wer deinen Vater, deinen Bruder und mich beobachtet, wird nur schwer bemerken, dass unser Herz immer noch kaum pulsiert. Es ist schwer zu bemerken, dass wir als Familie näher beisammen sind, weil jemand, der zu uns gehört, fehlt.

Dass ich es noch immer nur ab und zu wage, meine Gefühle zuzulassen. Dass ich Schwierigkeiten habe, meinen von der Schwangerschaft gezeichneten After-Baby-Body zu akzeptieren.

Dass ich mich manchmal fühle, als hätte ich mir selbst ein wichtiges Stück meines Körpers amputiert.

Dein grosser Bruder fordert seinen Alltag ein, was sein Recht ist und mir gut tut. Die letzten Wochen waren auch für ihn nicht einfach. Er sah seine Mutter tagelang im Bett liegen.

Unsere Trauer und dein Bruder

Dein Vater versuchte sich mit allen Kräften zu kümmern, war aber selbst am Boden zerstört und völlig übermannt von der Heftigkeit seiner Gefühle. Dein Bruder ist noch zu klein, um zu verstehen, was passiert ist, er begreift unsere Trauer nicht. Aber es ist erstaunlich und für mich befreiend zu sehen, wie wunderbar er mit der Situation umgeht.

Er weiss, dass du uns wichtig bist. Er weiss, dass die Fotos von dir uns sehr viel bedeuten und unsere Gefühle etwas mit den Erinnerungen auf dem Sideboard in der Stube zu tun haben. Immer wieder holt er die Bilder von dir und schaut sie sich vergnügt an. Besonders der kleine Uhu, der bei dir im Bettchen liegt und den du mitgenommen hast auf deinen Stern, gefällt ihm. Er hat nun denselben Uhu und oft, wenn Besuch kommt, holt er ihn und präsentiert ihn stolz. Ich bin froh, dass wir deinen Bruder nicht ausschliessen, dass er besonders jetzt Teil von unserem Familienleben ist.

Totgeburt, nach wie vor ein Tabuthema. www.anyworkingmom.com
Irgendwann wird der grosse Bruder verstehen, warum seine Eltern so traurig sind.

Wir haben wertvolle Hilfe erhalten

Ich und euer Vater wollen ihm darin ein Vorbild sein. Und ich bin sicher, dass der Tag kommen wird, an dem er versteht, dass du sein Geschwisterchen bist.

Deinen grossen Bruder nicht auszuschliessen, ihn nicht zu schützen, war einer von vielen Tipps unserer Hebamme, einer ausgebildeten Trauerbegleiterin von kindsverlust.ch. Ich kann kaum in Worte fassen, wie wichtig Jeannine und unsere Frauenärztin seit deinem Tod für uns waren.

Kaum war damals der Ultraschall-Bildschirm vor meiner Nase abgeschaltet – ich lag noch regungslos und perplex da – fingen sie an, sich zu kümmern. Wir fühlten uns psychisch und medizinisch getragen, konnten vieles abgeben und uns auf uns konzentrieren. Sie verschafften uns Zeit und nahmen uns viele Ängste. Und sie konfrontierten uns – deine völlig überforderten Eltern – mit Fragen, die wir uns in diesem Moment nicht zu stellen wagten.

Was passiert, wenn ein Kind im Mutterleib stirbt?

Kennen wir unsere Rechte? Können wir uns ein Abschiedsritual für dich vorstellen? Möchten wir dir einen Namen geben? Wann und wo möchten wir dich zur Welt bringen? Welche medizinischen Fragen könnten während der Geburt auf uns zu kommen? Wie möchten wir dich nach der Geburt bei uns haben? Wo und wie möchten wir dich bestatten? Kennen wir eine Hebamme, die mich im Wochenbett betreuen könnte?

Im ersten Moment waren uns diese Fragen egal. Du warst gestorben. Wir waren leer.

Trotzdem mobilisierten wir während der Tage vor deiner Geburt all unsere Kräfte, um uns mit diesen Fragen zu konfrontieren. Heute weiss ich, dass sich dieser Kraftakt gelohnt hat: Denn weil wir unsere Antworten gefunden hatten, konnten wir die kurze Zeit, die wir mit dir verbringen durften, befreit geniessen.

Deine Geburt und die Stunden, während denen dein kleiner, zerbrechlicher Körper neben mir im Krankenhausbett gelegen hat, sind heute für mich enorm kostbar. Ich erlebte die Geburt als extrem schmerzhaft und streng, jedoch nicht als traumatisch. Ich fühlte mich durch die Wehen sogar irgendwie mit dir verbunden. Als du da warst, staunten wir ab dir.

Totgeburt, nach wie vor ein Tabuthema. www.anyworkingmom.com
Ein Bild für Luna, gemalt von Sandras Gottemeitschi.

Auch du warst unser kleines, grosses Wunder.

Du warst auf deine eigene Art und Weise wunderschön. Dieselben Emotionen und Muttergefühle sprudelten in mir hoch, wie ich es damals bei deinem Bruder erleben durfte. All diese Bilder und Gefühle habe ich gesammelt und irgendwo in meinem Kopf vorsichtig aufgehoben. Wenn ich dich vermisse – und das ist sehr oft der Fall – hole ich sie wieder hervor und stöbere in ihnen.

Dann wird mir wieder klar, dass ich nicht um ein anonymes, unbekanntes Phantom trauere, das nie einen Fuss auf diese Erde setzte.

Sondern um dich, mein wundervolles Kind.

Ah, und Luna, was ich dich noch fragen wollte: Gell, im Bezug auf unsere Geschichte brauchen wir den Ausdruck «ein Kind verlieren» nicht mehr. Einverstanden? Denn du bist nicht einfach beiläufig verloren gegangen, wie mein Schlüsselbund, den ich seit Tagen suche, das wissen wir zwei nur allzu gut.

Dich zu gebären im Wissen darum, dass du mich danach nie mit deinem Blick mustern, dass du nie vor lauter Geborgenheit an meiner Brust einnicken würdest, war der grösste Kraftakt meines Lebens. Dich zu gebären, obwohl weder mein Körper noch meine Mutterliebe bereit waren, dich loszulassen, war alles andere als tollpatschig, beiläufig und unabsichtlich.

Ich habe dich mit aller Kraft und meinem ganzen Verstand zur Welt gebracht. Und darauf bin ich stolz.

In Liebe

Deine dich vermissende Mama


Anmerkung von Mal Ehrlich

Noch immer sind Fehlgeburten und Totgeburten ein Tabuthema. Dabei erleben so viele Eltern dieses Trauma. Wir möchten einen Beitrag dazu leisten, dass niemand mehr das Gefühl hat, sich für eine Fehlgeburt oder Totgeburt schämen zu müssen. (Denn das tun viele! Als ob man etwas dafür könnte…) Deshalb sind wir Sandra extrem dankbar, dass sie ihre Geschichte hier niedergeschrieben hat. Und auch mit ihrem Namen dazu steht.

Und wir sind allen dankbar, die in den Kommentaren ihre Geschichte hinterlassen – mit Namen oder anonym. Wir hoffen nämlich, dass es Müttern und Vätern in einer ähnlichen Situation hilft, wenn sie sehen, dass sie nicht allein sind.

Autorin

Sandra Baumgartner ist die Mama eines kleinen Lausbuben (2017) und Luna (2019) und wohnt mit Kind und Kegel (aka Mann Jan) in Brienz. Sie arbeitet als selbständige Kommunikationsberaterin. Sandra mag die Grimassen ihres Sohnes, Debattieren und Politisieren, den Blick von ihrem Zuhause aus über den schönsten See der Schweiz, die jungfräuliche „Ribbeli- Piste“ am frühen Morgen eines anbrechenden Skitages, auf einem Berg mit eigener Muskelkraft ankommen, Windschattenfahren, gut recherchierte und erzählte Reportagen aus aller Welt und schwarze Ragusa-Schoggi (immer und überall). Ihr ist wichtig, dass das Thema «Fehl- und Totgeburt» nicht länger ein Tabu bleibt.

Informationen zum Beitrag

Dieser Beitrag erschien erstmals am 5. Mai 2019 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.


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39 Antworten

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  1. Avatar von Cami
    Cami

    Im Alltag schaffe ich es nicht, meine Mails regelmässig zu checken, und heute bin ich durch einen Newsletter auf deinen Artikel gestoßen: 2 Jahre später…. Die Lesung war wie ein leibhaftiges Wiedererleben unserer Geschichte: 2012 erwarteten wir ein Mädchen. Unser Wunschmädchen, das Rosa, Feen und Pferde in unser Haus bringen sollte, das bis dahin mit Piraten, Polizisten und Dinosauriern bombardiert war. …. Zunächst gab es Zweifel an einer möglichen Trisomie. Wir wurden getestet und der Test war negativ. Es war die härteste Woche, die wir je erlebt haben, denn wenn es positiv war, waren wir völlig ratlos, was wir tun sollten…. Zwei Kinder erfüllten uns tagtäglich mit Energie und ließen uns alle Zweifel und Fragen vergessen, die wir hatten…. Der Tag des Resultats kam, und wir konnten nicht nur aufatmen und erleichtert sein, dass wir nicht mit einem so großen Thema konfrontiert waren, sondern es wurde auch bestätigt: Es war ein Mädchen. Wir haben dich bekannt gemacht, mein Bauch wuchs und wuchs, und es war unmöglich, ihn zu verstecken. Mit grosser Rührung und Genugtuung haben wir deine Brüder zum Arzt gebracht, um dich zu sehen, damit du echt sein kannst. Und wir sahen das Gesicht der Ärztin. Die nervösen Augen. Die Stimmen und die Hilfe der Sekretärin. Die Anrufe im Krankenhaus und die endlosen Anweisungen, was in den nächsten 24 Stunden zu tun sei… du warst eingeschlafen. Wir weinten unwillkürlich. Da nur wenige Menschen in der Nähe waren, konnten wir uns selbst organisieren und die Kinder zum ersten Mal woanders schlafen lassen. Um sich auch nur eine Nacht lang auf uns zu konzentrieren. …. Wir konnten uns nicht verabschieden. Es war, als ob du fortgeflogen wärst. Als hätten dich die anderen nie gesehen. Aber der Schmerz blieb… der Schmerz ging nicht weg… und das Schwierigste war, dass niemand verstand… Einen Ort zu finden, an dem ich dich in meinem Kopf zurückgelassen habe und von dem aus ich mich von dir verabschiedet habe, und dir ohne Unterbrechung zu schreiben, war mein Fenster, um damit klarzukommen. Es war eine Wiese in der nähe von unsere Wohnung. Ich ging und sass jedes Mal die ich konnte und hat mir sehr geholfen. Es zu akzeptieren. Dich nah zu spüren. Und um mit dir in meiner Erinnerung zu leben…
    Ein paar Monate später kam deine Schwester. Überraschend. Wir hatten dieselben Ängste. Wir hatten die gleichen Statistiken und beschlossen, keinen Test zu machen. Heute spricht sie mit dir und schenkt dir Zeichnungen… und obwohl die Lehrerin uns verständnislos anschaut, weiss ich, dass sie dich einfach von Zeit zu Zeit in ihrer Nähe spüren muss. Weil du bist ein Teil von uns. Nur mit Flügeln…

  2. Avatar von Leandra
    Leandra

    Hallo Sandra

    ich bin heute auf deine Geschichte gestossen. Ich arbeite als Pflegefachfrau und schreibe grade eine Arbeit über dieses “Tabuthema”.
    Ich stehe jedes Mal fast Machtlos gegenüber dieser Situation, denn ich habe selber eine ähnliche Erfahrung gemacht. Ich kann deine Gefühle sehr gut nachempfinden.

    Ich danke dir für deine Erzählung, denn sie ist wertvoll, sei es für die Pflegenden oder auch für die Betroffenen. Vielen Dank

  3. Avatar von Sylvia
    Sylvia

    Auch ich habe meinen Stern bereits in der 12.Ssw ziehen lassen – und er ist immer noch Teil unserer Familie.
    Meine beiden Kids (jetzt 6 und 4) fragen immer wieder nach Lias. Auch ihre kleine Schwester (jetzt 14Monate) wird damit aufwachsen, dass sie noch einen “Bruder” bei den Sternen hat.

  4. Avatar von anonym
    anonym

    Hallo liebe Sandra,
    Heute habe ich deinen Beitrag gefunden und finde es so gut wie ihr mit dem nicht fassbarem Ereignis umgegangen seid und umgeht. Ich bin so froh, dass sich in dieser Richtung einiges oder auch sogar viele geändert hat. Meine zwei Sternenkinder wären heute 32 und 33 Jahre. Beide haben mich jeweils Ende des 6. Schwangerschaftsmonates verlassen. Mit Absicht schreibe ich von mir alleine, denn ich habe mich sehr allein gelassen gefühlt in diesen schlimmen und für mich prägenden Ereignissen und Momenten. Beide male wurde es mir vom Klinikpersonal verwehrt, mich von meinen Babys verabschieden zu dürfen. Mir wurde immer nur gesagt, dass ich ja wieder schwanger werden kann. Ich habe zwei gesunde Jungs und bin sehr glücklich und froh darüber. Mittlerweile sind sie erwachsen und doch denke ich oft an meine Sternenkinder zurück. Wie würden sie heute aussehen und wie würde es ihnen gehen? Erst vor 12 Jahren hat bei mir ein Prozess der Trauer über ihren Verlust eingesetzt. Zuvor war das alles tief in meinem Herzen weggesperrt. Nun kann ich und tue es auch, über damals reden. Es war ein langer, auch schmerzvoller Prozess und eine Reise zu mir selbst. Meine Ehe ging nach 30 Jahren in die Brüche da ich mich sehr verändert habe und einen veränderten Blick auf das Leben habe. Ich habe mich neu strukturiert und mein Leben neu organisiert. Mein Ehrenamt im Kriseninterventionsteam erfüllt mich sehr. Immer wieder sagen mir Freunde und Bekannte, dass ich mich sehr gut einfühlen und andere Blickwinkel eröffnen kann. Dafür bin ich dem Leben und meinen zwei Sternenkindern sehr dankbar. Meinen beiden Jungs habe ich von ihren Geschwistern erzählt, aber erst, als ich soweit war und darüber reden konnte. Ich habe zu ihnen ein sehr inniges Verhältnis und doch akzeptiert, dass sie jetzt ihre eigenen Wege gehen. Seit einem dreiviertel Jahr habe ich einen neuen Partner, der ähnliches erlebt hat. Wir haben ein unwahrscheinlich intensives und warmes Verhältnis und ich bin froh ihn in meinem Leben zu haben und gerade auch über solche Erinnerungen und Erfahrungen mit ihm reden zu können.

    Abschließend kann ich sagen, dass bei mir sicher vieles nicht gut gelaufen ist, doch die Zeit und manch eine Begegnung mit den richtigen Menschen mir die Kraft gegeben hat, mit meinen Erfahrungen und meinem Erlebten doch meinen Weg zu finden und zu gehen.

    Füreinander da sein offen, ehrlich und tolerant ist für mich ganz wichtig. Holt euch da ab, wo ihr steht.

    Alles Liebe!

  5. Avatar von Ruth
    Ruth

    Liebe Sandra
    Zu Tränen gerührt habe ich Deine Geschichte gelesen und ich verstehe dich sehr sehr gut. Komisch, dass ich gerade heute deine Geschichte entdeckte…. denn
    genau heute vor 21 Jahren musste auch ich meinen 1. geborenen Sohn in der 39. Schwangerschaftswoche gehen lassen. Das ist alljährlich ein Tag, da bin ich meinem Sohn besonders nah und ich zünde immer eine Kerze für ihn an. 21 Jahre ist eine lange Zeit und trotzdem ist es so als ob es gestern war. All die Erinnerungen, dieser unendlich grosse Schmerz, mein Mutterherz gefüllt mit so viel Liebe…. und dann kein Kind. Ja das war der schlimmste Schicksalsschlag in meinem Leben. Ich hatte das Glück, dass ich eine liebe Familie und gute Freunde hatte, dass mich damals auch eine liebe Hebamme ein Stück begleitete, viele liebe und sehr wertvolle Begegnungen hatte und ich traf ein paar betroffene Frauen, mit einem Sternenkind Mami treffe ich mich heute noch. Alleine schafft man das nicht.
    Jedes Gespräch damals, jede Begegnung hat mir sehr geholfen, war für mich Therapie, und auch zu Wissen, dass man damit nicht alleine ist hat mich getröstet.
    Eine Gesprächstherapie und ein Trauerseminar hat mir ebenfalls und vorallem auch dem Vater sehr geholfen. Ich war unendlich dankbar und die glücklichste Mutter auf Erden als ich 1 Jahr und 10 Tage später meinen 2. Sohn, 3 Jahre später noch eine Tochter gebären durfte. Ich bin davon fest überzeugt, dass unsere Sternenkinder uns begleiten jeden Tag, sie sind uns so nah.

    Ich wünsche dir liebe Sandra, Deinem Mann und Lunas grossem Bruder alles Liebe und Gute und weiterhin ganz viel Kraft auf diesem schweren Weg. Schaut gut zu euch und nehmt Euch Zeit zu trauern. Jede Träne ist wichtig für die weitere Verarbeitung finde ich. Eure Luna ist in Euren Herzen für immer verankert.
    Herzliche Grüsse
    Ruth

  6. Avatar von Daniela
    Daniela

    Genau heute vor zwei Jahren ist mein Timo geboren, nachdem er noch zwei Tage gekämpft hat in meinem Bauch ums Überleben, als ich alles Fruchtwasser verloren habe. Er war kerngesund, hatte aber keine Chance, die Natur entschied sich, ihn zurück zu nehmen.
    Dieses Erlebnis ist das Schönste und Traurigste zugleich. Ich bin unendlich dankbar, dass ich meinen Sohn in meinem Leben habe. So viel hat sich durch ihn verändert, so viel hat er mir gegeben. Ich bin einfach nur dankbar.
    Ich möchte gerne ein Buch schreiben über die Erfahrung, da viele Frauen darunter leiden, ihre Kinder zu den Sternen ziehen lassen zu müssen. Für mich persönlich sehe ich so viel Schönes, welches damit verbunden ist/war. Ich möchte Mut machen und das Thema in die Gesellschaft bringen, da niemand so recht zu wissen scheint, wie damit umzugehen ist.
    Heute wird gefeiert, der zweite Geburtstag meines Sternenkindes :-).

  7. Avatar von Carolina
    Carolina

    Liebe Sandra, dein Beitrag hat mich zu tiefst berührt und vor allem der letzte Teil, beschreibt so gut, wie tief die Liebe geht, auch wenn man weiss, dass dieses wunderbare Wesen nicht an unserer Hand aufwächst und läuft aber nicht weniger wurde es von seinen Eltern, Familien und Freunden erwartet und geliebt.

    Die Geburt meines Erstgebornen, Ayaan, war das Schlimmste und gleichzeitig das Wunderschönste, was ich bis dahin je erleben durfte. Auch wenn wir wussten, dass er es wahrscheinlich (Lungenreife) nicht schaffen wird, war ich so stolz auf diesen kleinen wunderschönen Jungen.
    Mir kommen immer noch ab und an Tränen und bei solch wunderschönen Beiträgen wie deinem, fliessen so viele Gefühle aus mir heraus und die Liebe überwiegt <3
    Ich habe von Anfang an viel von ihm gesprochen und erwähne ihn immer, wenn mich jemand fragt, ob ich 1 Kind habe. Dann erzäle ich immer wieder vom grossen Bruder, Ayaan, der kleine Frechdachs, der nur kurz hallo sagen kam und sich wieder weg-stipizt hat.
    Sein kleiner Bruder, Yari, war schon in den Startlöchern und 2 Monate nach Ayaan's Geburt hat er sich schon angemeldet.

    Ich bin so dankbar für solche Beiträge und dass Sternenkinder und ihre Eltern ihren Platz bekommen. Ich werde immer an meinen Erstgeborenen denken und von ihm reden.

    So schön, dass sich so viele Menschen auf diesen Beitrag gemeldet haben.

    Alles Liebe & Vertrauen
    Carolina

  8. Avatar von Stephanie
    Stephanie

    Liebe Sandra und alle anderen, die sich hier mitgeteilt haben, ich danke euch für eure Offenheit. Seit einer Woche ist auch unser Leben nicht mehr dasselbe wie zuvor, aber die Wand, die sich mit dem Erlebnis zwischen uns und der Welt aufgebaut hat, bröckelt nun ein wenig. Wir sind nicht allein. Ich muss schon wieder heulen. Ich wünsche allen viel Kraft und liebe Menschen, die euch so fest in die Arme schliessen, wie mein Mann das mit mir tut.

    1. Avatar von Anja Knabenhans
      Anja Knabenhans

      Liebe Stephanie, wir wünschen dir und deiner Familie ganz viel Kraft!

  9. Avatar von Ines
    Ines

    Liebe Sandra, ich konnte deinen Text fast nicht zu Ende lesen, weil meine Tränen nur so runterkullerten und mir die Sicht nahmen. So unendlich traurig. Danke für diesen Text. Es ist enorm wichtig, dass darüber auch öffentlich gesprochen wird. Ich wünsche dir und deiner Familie nur das Allerbeste! Weiterhin viel Kraft und Mut in dieser schwierigen Zeit.

  10. Avatar von Simone
    Simone

    Danke für diesen berührenden Text. Vor kurzer Zeit haben wir auch unsere zweites Kind verloren. Der Moment auf dem Ultraschall-Bildschirm, wenn da kein pochendes Herzchen mehr zu sehen ist…! Ich wusste es so schnell -und war so leer, gefasst, geschockt. Die Trauer und Tränen kamen dann einige Stunden später.
    Darüber zu reden hilft etwas. Zu wissen, dass man nicht alleine ist, auch.

  11. Avatar von Cosima
    Cosima

    Ich bin zu Tränen gerührt! Danke für deinen Einblick! Wundervoll wie ihr damit umgeht! Ich wünsch euch von Herzen weiterhin viel Kraft, Zusammenhalt und dass ihr die Freude nicht verliert!

  12. Avatar von Anonym
    Anonym

    Herzliche Gratulation zu deiner kleinen Sternen- Maus! Lieben Dank für deine Offenheit, das Thema sollte viel mehr veröffentlicht werden! Auch hier Sternen-Mama, eher traumatisch da wir den Entscheid aufgrund schwerer Erbkrankheit selber fällten und das erste Kind schon an dieser Krankheit leidet. Der schwerste Entscheid ever, denn wir wollten dieses Kind ja unbedingt. Sich aktiv dagegen zu entscheiden ist der Horror und komplett gegen die Natur und den Herzenswunsch. Mein Umfeld weiss Bescheid, jedoch ist die Scham zu gross öffentlich darüber zu reden. Eine Verurteilung für den Entscheid zusätzlich zum Verlust könnte ich nicht verkraften, darum auch hier bitte keine Verurteilung. Ich traure eher im Versteckten. Ich bin sehr dankbar für die wunderbaren Hebammen, sie haben uns in aller Ruhe begleitet und die ganze Trauer durfte sein. Schön auch, durften wir in dieser unendlich schweren Zeit so eine würdevolle Geburt und auch Bestattung erleben. Alles Liebe allen Sternen-Eltern

  13. Avatar von Sandra Egger
    Sandra Egger

    Liebe Sandra – Ich erkenne mich wieder in deiner Geschichte. Wie traurig. Aber auch unendlich dankbar für den Sohn, den Erstgeborenen.

  14. Avatar von Ein Vater
    Ein Vater

    Zwei Herzchen hatten geschlagen. Zwei. Ich war so überrascht, als meine Frau damals von der Frauenärztin kam. Wir sassen am See, hatten auf die beiden kleinen Punkte auf dem Bild gekuckt und waren erfüllt, erfüllt mit allem. Meine Frau hatte bereits einen Abort, 8. Woche wie viele andere Frauen auch. Wir hatten ein wenig zu kämpfen, denn der Hormonspiegel ging nicht zurück. Zwischendurch gab es da den Verdacht einer Eileiterschwangerschaft. Gut drei Monate ging das. Aber in diesem Moment war das vergessen. Wir hatten nun Zwillinge in Aussicht. Wir mit Zwillingen. Cool, wenn jemand, dann wir!

    24. Schwangerschaftswoche und wir mussten uns von den beiden Mädchen verabschieden. Wir hatten über Wochen gekämpft und gebangt. Zuerst das Problem mit dem verkürzten Gebärmutterhals, dann nach einer Nacht im einen Spital, die Verlegung ins Universitätsspital. Und wenn man in einer solchen Situation ins Universitätsspital muss, dann ist irgendwas nicht gut. Diagnose: Fetofetales Transfusionssyndrom. Das eine nimmt dem anderen Blut weg. In der Nacht vor der Operation mache ich das, was man ja nie machen sollte. Man googelt den Begriff, lernt einiges und weiss dann auch, dass die Statistik gegen einen spricht. Aber was soll schon die Statistik wissen. Es gibt keinen Mittelwert in der eigenen Geschichte. Mein Frau so unglaublich stark hat sie das angenommen. Ich selber während der Operation weinend draussen auf der Terrasse. Operation war zwar nicht erfolgreich, trotzdem entspannte sich die Situation. Wir hatten grosse Hoffnung. Den Mädchen ging es zu jedem Zeitpunkt gut.

    Nach 23 Schwangerschaftswochen war die Hoffnung vorbei. Blasensprung, keine Chance, dass die beiden überleben. Trotzdem musste meine Frau sie normal gebären. Sie ist so unheimlich stark. Ich möchte ihr seitdem ein Monument errichten. Sie ist die Beste. Wir hielten unsere Töchter im Arm, unheimlich intensiv waren diese Tage, irgendwie schön und unendlich traurig.

    Ich weine zeitweise noch heute. Weiss oft gar nicht warum, denn eigentlich habe ich das Gefühl, dass wir es sehr gut verkraften konnten. Aber es sitzt tief in mir drin, die Trauer, vielleicht auch manchmal die Wut. Ich merke es oft dann, wenn ich körperlich ausgelaugt bin, beruflich unter Druck stehe. Heute haben wir ein Grab auf einem Friedhof, gehen regelmässig hin, nehmen uns in den Arm, verdrücken die eine oder andere Träne. Auf dem Regal in der Wohnung gibt es ein Bild mit den beiden Fussabdrücken. Sie sind Erinnerungen an Emma und Julia. Ich vermisse sie, auch wenn ich sie nie wirklich gehabt hatte. Komisch, aber so ist es.

    Das ist gut eineinhalb Jahre her. Wir sind vor 8 Monaten nochmals Eltern geworden. Die Zwillinge haben eine Schwester bekommen. Ich muss aufpassen, dass ich meine Liebe nicht dreifach in sie stecke. Denn sie soll mir die Zwillinge nicht ersetzen. Sie ist ein eigenes Individuum. Sie ist ein Sonnenschein. Sie ist unglaublich. Sie ist die Beste, wie ihre Mutter…

  15. Avatar von Sandra
    Sandra

    Vielen vielen herzlichen Dank für diesen Text! Auch ich bin eine Sternenkind Mama und ich hatte oft das Gefühl ich sei die einzige, die eine Fehlgeburt erleben musste. Dank dieses Beitrages und Kommentaren fühlt man sich nicht so alleine damit. Danke für einen weiteren Schritt Richtung Enttabuitisierung.

  16. Avatar von Annika
    Annika

    Liebe Sandra auch wir haben unsere „Nummer 2“ gehen lassen müssen. Danke dass du diese rührenden Worte gefunden und uns zum Lesen gegeben hast. Es braucht viel Zeit bis dieser Teil zu dir gehören wird. Viel Kraft dafür.

    1. Avatar von Claudine
      Claudine

      Vor kurzem erhielten wir folgende Nachricht: Wir wurden Eltern eines kleinen Engels.
      Im ersten Moment: Tränen. Und dann: wie gehen wir mit den Eltern um? Dürfen wir überhaupt gratulieren? Ist das angebracht?
      Wir haben uns bewusst dafür entschieden – aus einem Paar wurden Eltern. Sie haben eine Tochter – auch wenn sie bereits weiter gereist ist.
      Allen Eltern wünsche ich ganz viel Liebe und Mut und Zuversicht.

  17. Avatar von Jeanine K.
    Jeanine K.

    Ihr sprecht mir aus dem Herzen.
    Auch ich habe den Schmerz erlebt. Wenn man auf den Ultraschallbildschirm auf den ersten Blick keinen Herzschlag sieht und es einem den Athen nimmt… Die Welt bleibt stehen, immer und immer wieder. Auch in dem Moment als ich unseren kleinen Ben nach der stillen Geburt hielt. Und trotzdem ist da dieser Stolz!
    Mir hat unsere damals 3 jährige Tochter enorm in der Trauerverarbeitung geholfen. Im Jahr darauf kam unsere zweite Tochter zur Welt und heute bin ich wieder in der 20. Woche schwanger. Ben gebar ich in der 24. SSW. Gerade in dieser Zeit denke ich sehr viel an ihn.
    Danke dass ihr all diese Sternenkinder nicht vergessen macht!

    1. Avatar von Sandra
      Sandra

      DANKE, hast du meinen Text gelesen. Und danke, dass du deine Geschichte mit uns teilst. Sie macht mir Mut.

  18. Avatar von Claudia
    Claudia

    Ein unglaublich liebevoller und tieftrauriger Beitrag. Vielen Dank dafür und alles Gute für dich und deine Familie!

    1. Avatar von Sandra
      Sandra

      DANKE, hast du meinen Text gelesen. Dir ebenfalls alles Gute.

  19. Avatar von Nicole Siegrist
    Nicole Siegrist

    Liebe Sandra, ich kann in deinem Bericht deinen Schmerz lesen! Es tut mir so unendlich leid, dass ihr diesen Schicksalsschlag durchleben müsst. Ich hoffe ihr findet einen Weg Luna als wunderschöne Erinnerung zu erhalten und im Leben nach vorne zu schauen auf all die bezaubernden Dinge die euch noch bevorstehen. Ich wünsche euch drei viel Kraft und drücke dich ganz fest!

    1. Avatar von Sandra
      Sandra

      Danke, liebe Nicole, hast du meinen Text gelesen. Und danke für deinen aufmunternden Worte. Hoffentlich auf bald!

  20. Avatar von Sybille
    Sybille

    Ein unglaublich berührender Beitrag, vielen Dank dafür. Ich wünsche euch viel Kraft für euren weiteren Weg mit Luna in euren schweren Herzen.

    1. Avatar von Sandra
      Sandra

      DANKE, hast du meinen Text gelesen. Und danke für die aufmunternden Worte.

  21. Avatar von Tamara
    Tamara

    Danke Sandra für diesen Bericht. Ich bin sehr gerührt. Vor 5 Jahren habe auch ich mein Kind tot geboren. Die Geschichte zu erzählen finde uch wichtig, das hat mir geholfen. Der Schmerz geht vorbei, die Verbindung bleibt für immer.

    1. Avatar von Sandra
      Sandra

      DANKE hast du meinen Text gelesen. Und danke für deine aufmunternden Worte. Dir und deiner Familie auch alles Gute.

  22. Avatar von Sabine
    Sabine

    Sehr schön geschrieben. Der Text rührt zu Tränen. Ich fühle mit euch!

    1. Avatar von Sandra
      Sandra

      DANKE hast du meinen Text gelesen. Und danke für das Kompliment.

  23. Avatar von Janine
    Janine

    Liebe Sandra
    Wunderbar hast du das aufgeschrieben!!
    Auch uns fehlt ein Teil der Familie.
    In Verbundenheit Janine

    1. Avatar von Sandra
      Sandra

      Guten Mut, liebe Sternenkindmama.

  24. Avatar von Anja
    Anja

    Flynn, unser 3. Kind, 2014 37 Wochen in mir gelebt, dann still geboren. Der Schmerz verblasst aber die Narbe bleibt und ebenso, eingebrannt ins tiefste Innere, diese unendlich einschneidende Erfahrung..Vorfreude die von 100 auf 0 zerstört wird, Urvertrauen, das tiefe Risse bekommt, grenzenlose Sinnlosigkeit… und doch der Stolz, auch Mama von diesem Kind zu sein und immer zu bleiben. Danke, dass es nicht ein Tabu bleiben soll💕

    1. Avatar von Sandra
      Sandra

      Danke für deine lieben Worte und deine Geschichte. Das macht mit Mut.

  25. Avatar von Franziska
    Franziska

    Liebe Sandra, ich würde Dir so gern tröstende Worte sagen, aber ich bin sprachlos. Ich möchte Dir Mut machen, Dich (unbekannterweise) in die Arme nehmen. Dir sagen, wie sehr ich Dich für Deine/ Eure Stärke in so einer zehrenden Zeit bewundere. Ich wünsche Euch ganz ganz viel Kraft! Alles Liebe und Gute! Franziska

    1. Avatar von Sandra
      Sandra

      DANKE dir, dass du meinen Text gelesen hast. Und danke für die tröstenden Worte.

  26. Avatar von Natacha W.
    Natacha W.

    Dankedankedanke! Ich komme aus der Pflege und immer wieder sind wir mit dem Thema Totgeburt konfrontiert und jedes Mal merke ich, was das in mir aber auch im ganzen Team auslöst. Das “nicht wissen was sagen sollen” und die Unsicherheit, den Eltern gegenüber machen eine empathische und fürsorgliche Pflege teilweise schwierig, weil wir uns selbst im Weg stehen und auch weil es immer noch ein Tabuthema ist. Danke dass du mit deinem Text dazu beiträgst, dass es sich ändert!

    1. Avatar von Sandra
      Sandra

      Das Beste, was je eine Bekannte zu mir gesagt hat? Sie hat mir zum Kind gratuliert. Das hat meine Gefühle zu 100% getroffen.
      Wir hatten grosses Glück und durften uns in die Hände von sehr guetn Fachpersonen geben. Deshalb DANKE all jenen, die sich um die Gebärenden so engagiert kümmern.

    2. Avatar von Leandra
      Leandra

      Liebe Natacha,
      ich kann mich deinen Worten nur anschliessen, ich selber arbeite auch in der Pflege, bin Mami und steh jedes mal mit einer Machtlosigkeit gegenüber dieser Situation.