Skifahren in Kappl-See: Ausflug ins Tirol mit der Familie
Eine Mutter, die seit zehn Jahren nicht mehr auf den Skiern stand. Und ein Teenager, für den das WiFi im Hotel das Wichtigste ist. Geht das gut? Das Skigebiet Kappl-See im Tirol im Härtetest: Preise, Skigebiet, Angebot für Familien.
Seit zehn Jahren stand ich nicht mehr auf den Skiern. Mein Sohn hingegen ist angefressener Snowboarder.
Wir haben nicht nur eine andere Beziehung zu Schnee und Kälte, sondern sind uns auch zu Hause in letzter Zeit oft uneinig. Würden wir es schaffen, trotzdem ein paar Tage zusammen in den Bergen zu verbringen, nur wir zwei? Ich war skeptisch.
Der Sturm – ein Omen?
Unsere Reise nach Kappl bei Ischgl im Tirol beginnt mit dem schlimmsten Sturm seit Jahren. „Burglind“ lässt mich kurz überlegen, ob wir nicht erst am nächsten Tag abreisen sollen. Oder überhaupt. Doch wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Und ein bisschen Abenteuer gehört zu einer Mutter-Sohn-Reise ja dazu. Wir starten also mit dem Zug ab Zürich. Frühmorgens, beladen wie die Backpacker.
Ein paar Stunden später hält der Bus unmittelbar vor dem Hotel Auhof****, wo wir uns in einem Doppelzimmer einquartieren.
Das Hotel liegt zwar an einer Durchgangstrasse, im Zimmer ist jedoch kein einziges Mal Autolärm zu hören. Abgesehen vom dunkelbraunen 70er-Jahre-Bad gefällt mir das Haus. Die Zimmer sind kuschelig mit Teppich, Holzwänden, einem TV und – für den Teenie ganz wichtig: kostenlosem WLAN ausgestattet.
Kleiner Serviceeinschub: Im Auhof gibt’s ab 90 Euro pro Person mit Halbpension (sehr gutes und viel viel Essen) ein Zimmer. Interessant für Familien sind die grosszügigen Kinderermässigungen: Bei 2 Vollzahlenden gibt es Ermässigungen: 0 – 3 Jahre 90 %, 4 – 7 Jahre 60 %, 8 – 14 Jahre 30 %, ab 15 Jahre 10 %. So kann eine Familie mit 2 Kindern im 4 Stern Hotel ink. HP und Skipass ab 1800 Euro 1 Woche Ferien machen. Finde ich sehr fair.
Zusätzlich hat es im Hotel einen kleinen Wellnessbereich. Der ganze Wellnessbereich ist Nacktzone, was für mich als verklemmte Schweizerin nicht so prickelnd ist. Die Massage, die ich mir kurzfristig vor dem Abendessen gönne, «entklemmt» aber wunderbar.
Mein Sohn geniesst währenddessen das Zimmer für sich alleine und kuschelt sich mit dem Handy ins Hotelbett. Die Stimmung zwischen uns ist entspannt. Ich geniesse es, endlich einmal Zeit für ihn alleine zu haben. Kein Kleinkind, das mir dazwischen schreit, wenn wir reden, keine Alltagspflichten, die ich noch erledigen müsste. Ich bin froh, haben wir uns von «Burglind» nicht aufhalten lassen.
Das erste Abendessen mit Fondue Chinoise à discrétion versetzt uns gleich noch mehr in Ferienstimmung. Leider gibt es aber keine wirkliche Beschäftigung für die Kinder. Ein kleiner Spielraum für die Kleinen, die Grossen gehen leer aus.
Das Pubertier und ich verstehen uns aber immer noch prima – oh Wunder! Trotz ersten Diskussionen, da er das Handy auch beim Essen in den Händen hat, oder die Hälfte des Fleisches auf dem Teller liegen lässt. Ich übe mich in Gelassenheit. Schliesslich soll es nicht schon am ersten Abend krachen.
Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
Haaal-lo Skilehrer!
Am nächsten Morgen geht’s ab auf die Piste! Meinen Sohn parkiere ich in der Snowboardschule mit einem etwa gleichaltrigen Mädchen. Er ist happy und trotzt dem Schneegestöber. Auf dem Schneespielplatz bei der Gondel in Kappl drehen kleinere Kinder immer und immer wieder eine Runde auf dem Reifen-Karussel. Wie war das nochmals mit «es gibt kein schlechtes Wetter»?
Es stürmt und schneit wie wild. Petrus will meine Idee, mich nach zehn Jahren wieder auf die Skier zu stellen, nicht unterstützen. Ich stehe also wie eine blinde Ente auf den Brettern und sehe kaum die Hand vor dem Gesicht. Zum Glück begleitet mich Andy. Ein charmanter und lustiger Skilehrer, der mir geduldig zeigt, wie ich den Hang heil hinunter komme.
In meiner Skischul-Gruppe sind wir zu fünft: Fünf Frauen, die alle in etwa gleich schlecht fahren, was mich sofort entspannt. Wir lachen viel und siehe da, es läuft. Ich komme heil den Berg runter und meistere sogar die Königsdisziplin: Bügellift fahren. Selfie-High-Five.
Die kleineren Kinder fühlen sich in Flaxis Kinderskischule und dem Sunny Mountain Erlebnis Park (ab 3 Jahren) wohl. Selten habe ich so herzliche und freundliche Skilehrerinnen und –lehrer kennengelernt! Muss wohl an der Sonne liegen, die uns dann am dritten Tag doch endlich noch entgegen scheint…
Wer mit den Kids nicht Skifahren will, kann die 6km lange Rodelbahn nutzen und Schlitten mieten. Langlauf ist ab Galtür oder Ischgl ebenfalls auf 26km langen Loipen möglich. Für die Risikofreudigen gibt’s Fat Bikes, den Freestyle Funpark und Freeride.
Am Ende des Tages sind wir glücklich und kaputt, mein Sohn und ich. Wobei er es definitiv lockerer nimmt mit den Schneesturmerfahrungen vom heutigen Tag. Schmerzen? Angst gehabt im Sturm? Sicher nöd! Ich hingegen stehe auch noch beim Einschlafen auf den Brettern und spüre meine Oberschenkel also schon «es bitzeli».
Auf nach See!
Am nächsten Tag geht’s auf nach See. Wenn wir ja schon mal hier sind, wollen wir auch noch etwas von der Umgebung see-hen.
Mit dem Bus fährt man 10 Minuten ab Kappl bis zur Bergbahn See. Die Sonne scheint, und während wir in der 4er Gondel hinauffliegen, realisieren wir: Nicht nur die Schweiz hat wundervolle Berglandschaften zu bieten!
Ich starte beim Panorama-Restaurant direkt bei der Skischule und trinke erst einmal einen Kaffee an der lang ersehnten Sonne. Keiner würde heute ahnen: Vor ein paar Tagen schleuderte hier ganz in der Nähe der Sturm die Skifahrer beinahe aus dem Sessellift. In der ganzen Region herrschten massive Wetterwarnungen.
Dramatic video of severe winds at the ski resort from Vorarlberg, Austria yesterday – with people trapped in the ski lift and swinging wildly. Terrifying! Video by Peter Cottens via Aktuelle Wetterwarnungen für Österreich. pic.twitter.com/EIzd4R6ijL
— severe-weather.EU (@severeweatherEU) January 4, 2018
Auch jetzt läuft was in See: Schneeschuhwanderungen, Nachtrodeln, Wellness, Watersurf, Carving-Kurse. Für mich als Mutter von einem grossen und einem kleinen Kind definitiv ein idealer Ferienort, auch wenn das Kleine diesmal zu Hause geblieben ist.
Das Skigebiet ist gut für Anfänger und Wiedereinsteiger geeignet: Sanfte Hügel, breite Pisten. Für Profis ein bisschen gar brav. Normalerweise zieht es diese zum Freeriden – wegen Lawinengefahr ist das im Moment jedoch strengstens verboten.
Eine Umarmung zum Abschied? No way!
Der Sohnemann fühlt sich hier bei der finnischen Snowboardlehrerin mit herzlichem Dauerlachen sofort wohl. Eine Umarmung für mich zum Abschied? No way!
Ich fahre wieder mit in der Anfänger-Gruppe und heute mit Skilehrer Gerry, der mir erzählt, dass er seit zwanzig Jahren jeden Winter unterrichtet und im Sommer als Maler arbeitet. Ich bin beeindruckt und würde ihn gerne mehr zu seinem Leben ausfragen, doch wir sind ja nicht zum Plaudern, sondern zum Skifahren da.
Der Sohn ergreift die Flucht
Was für ein toller Tag. Der Sohn und ich sind happy – und stolz auf die Mama, die sich kein Bein gebrochen hat. Im Hotelzimmer schauen wir zur Belohnung doofe RTL2-Sendungen und schlemmen die beste Pizza, die ich in einem Berghotel je gegessen habe.
Mein Sohn ergreift sofort nach dem Essen die Flucht. Das Handy ruft. Ich bleibe noch mit meinen Kolleginnen von der Pressereise sitzen. Wir reden über Kinder im Trotzalter und der Pubertät. Über das Schreiben, unsere Hochs und Tiefs. Zum Abschied nehmen wir uns alle vor, in Kontakt zu bleiben. Ich werde fast ein bisschen sentimental, bei so viel Sympathie und Rotwein.
Und das Mutter-Sohn-Projekt? Das Handy ist definitiv wichtiger als die Mama. Die Snowboardlehrerinnen auch. Mein Kind ist gross geworden und käme gut mit weniger Ratschlägen und Fragen von mir aus. Das gibt er mir immer wieder klar zu verstehen. Trotzdem reden wir viel, auch wenn es dann halt über Youtuber und Instagram ist. Diese Kurzferien zu zweit waren definitiv fällig und ein Erfolg. Ich bin zufrieden. Und mein Sohn auch – sagt er jedenfalls.
Am nächsten Morgen stärken wir uns zum letzten Mal am reichhaltigen Frühstücksbuffet. Die Tiroler mögen’s herzhaft. Endlich darf das Pubertier einen ganzen Teller Speck zum Zmorgen essen und wir starten in unseren letzten Skitag dieses Mal bei Sonne. Paznaun – wir kommen wieder!
Full Disclosure: Diese Reise wurde unterstützt vom Tourismusverband Paznaun-Ischgl (Kappl und See). Die hier geäusserte Meinung entspricht jedoch ganz meiner eigenen.
Weitere von uns getestete Destinationen für Familien mit Kindern sind zum Beispiel Pontresina oder Davos.
Ebenfalls von Marah Rikli auf Any Working Mom: “Warum Yoga in die Schule gehört“ und “Inkompetent und frustriert? Eine Stellungnahme zum Leitfaden für die Primarschule“ und Mut zum Makel – Gelassenheit macht schön.
Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 12. Februar 2018 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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