Elternzeit: ein konkreter Vorschlag
Achtung, Politik! Min Li Marti, Nationalrätin der SP Zürich, will nicht nur diskutieren, sondern handeln: Elternzeit muss her. Jetzt.
Wenn ich mich an meinen eigenen Mutterschaftsurlaub zurückerinnere, so gab es diesen einen Moment, vielleicht so zwei Wochen nach der Geburt. Die Hormonumstellung, die Schmerzen, Stillprobleme und der Schlafmangel setzten mir zu und ich war froh, so froh, dass mein Mann da war. Dass wir zu zweit dieses Neuland beschreiten und uns diesem bezaubernden, aber dennoch unbekannten Wesen annähern konnten.
Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
Es gibt keine freie Entscheidung – punkt.
Ich erinnere mich aber auch daran, dass ich ziemlich fassungslos war. Wie konnte man auf die Idee kommen, dass ein Tag Vaterschaftsurlaub genug wäre? Hätte ich ein wenig mehr Energie gehabt, und wäre ich nicht grundsätzlich gegen Gewalt, dann hätte ich in diesem Moment jedem, der eine solch absurde Meinung vertritt, eins gebrettert.
In einem liberalen Staat dürfen Leute theoretisch selber entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten wollen, solange sie sich an die Gesetze halten. Es wäre aber ein Irrtum zu meinen, diese freie Entscheidung sei heute gegeben. Wir haben mit dem ultrakurzen Vaterschaftsurlaub, den hohen Betreuungskosten und der immer noch vorhandenen Lohnungleichheit eine Situation, die genau darauf ausgerichtet ist, dass am Schluss Väter Vollzeit und Mütter Teilzeit arbeiten – ob sie das nun ursprünglich gewollt haben oder nicht.
Frust? Vorprogrammiert.
Gerade im Mutterschaftsurlaub, den die Frau weitgehend alleine verbringt, verfestigen sich diese traditionellen Muster. Die Mutter wird zur Expertin in allen Kinderfragen, der Mann zur Hilfskraft degradiert. Die Organisationslast – die sogenannte „Mental Load» – trägt die Mutter weitgehend alleine, sie ist Projektmanagerin und Ausführende in den meisten Familienangelegenheiten.
Und so enden die modernsten Familien, die sich eigentlich vorgenommen hatten, die Aufgaben gleichberechtigt zu teilen, am Schluss dort, wo sie nie sein wollten. Das Resultat: Frust. Auf beiden Seiten.
Nur wenn auch Väter ausfallen, werden Mütter nicht mehr benachteiligt
Im Moment beraten die eidgenössischen Räte die Initiative für einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub und über einen Gegenvorschlag von zwei Wochen (Anm. der Red.: einen Gesamtüberblick über beide Vorschläge hier). Nun kann man sich darüber streiten, ob diese zwei Wochen nichts oder besser als nichts sind. Klar ist: Sie sind nicht genug und allerhöchstens ein Schritt in die richtige Richtung.
Es braucht mehr: Es braucht eine Elternzeit und zwar eine, die gleich lange Spiesse für Mütter und Väter schafft. So, dass Mütter und Väter alle Vor- und eben auch Nachteile dieser Zeit gleich erleben. Mein Mann hat nach der Geburt vier Wochen Vaterschaftsurlaub gemacht und wäre vermutlich gern auch noch länger geblieben. Aber es geht eigentlich nicht darum, ob die Väter dies nun wünschen oder nicht. Es sollte einfach dazugehören, so wie es bei den Müttern dazugehört. Denn nur so wird es keine Mutterschaftsstrafe mehr geben, weil eben auch Väter ausfallen, und nur so kann echte Chancengerechtigkeit und Wahlfreiheit entstehen!
Wir wollen eine «echte» Elternzeit
Aus diesem Grund arbeite ich innerhalb einer Gruppe von Frauen und Männern in der SP Kanton Zürich darauf hin, eine echte Elternzeit von je 18 Wochen einzuführen. Diese Elternzeit soll auch Regenbogen- und Adoptivfamilien zugutekommen. Wir wollen dies kantonal tun, weil wir glauben, dass auf eidgenössischer Ebene die Diskussion momentan durch den Vaterschaftsurlaub blockiert ist. Fortschrittliche Kantone können in dieser Diskussion Dampf machen, damit die Diskussion überhaupt weitergeht. Im Kanton Bern ist ein entsprechender Vorstoss ebenfalls lanciert. Finanziert werden soll die Elternzeit analog dem Mutterschaftsurlaub über Lohnprozente, weil ja Arbeitnehmende, wie auch Arbeitgebende davon profitieren.
In diesem Video erklärt SP-Kantonsrat Tobias Langenegger kurz und knapp, worum es geht.
18 Wochen Elternzeit – bestimme mit!
Anfangs Jahr wurden innerhalb der SP sechs Initiativprojekte vorgeschlagen, unter anderem die Elternzeit. Die Community von Any Working Mom hat massgeblich dazu beigetragen, dass das Elternzeitprojekt gewonnen hat und jetzt von der SP eine entsprechende Initiative lanciert wird.
HIER kann man die Initiative unterschreiben: https://elternzeit-initiative.ch/
Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 29. Januar 2019 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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