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Reden statt schmollen: Kommunikation in der Beziehung

Oft fühlen sich Frauen innerhalb von Familie und Haushalt für alles verantwortlich, sie organisieren und jonglieren. Wenn das andere Elternteil ihnen nichts abnimmt, kommt Frust auf. Was hilft?

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Paar, das sich anschweigt: Hilft ehrliche Kommunikation gegen emotionalen Frust?

Viele Frauen sind im Familienalltag frustriert. Und fühlen sich endlich verstanden, wenn Gemma Hartley schreibt: «I just don’t want to ask!» Die Autorin hat mit ihrem Blogpost auf Harper’s Bazaar zu “Emotional Labor” bei berufstätigen Müttern auf meinem Facebook-Dorfplatz hohe Wellen geschlagen.

Sie hatte sich auf ihren Geburtstag eine Putzkraft gewünscht – schlussendlich putzte ihr Mann jedoch selber und sie durfte derweil die Kinder bespassen.

Was sie wirklich gewollt habe? Dass ihr Mann die Mental Load auch einmal spürt, schreibt Hartley. Die Suche und Selektion von einem geeigneten Putzdienst, die Kontaktaufnahme und Terminvereinbarung, das ganze Drumherum.

Einmal im Leben sich nicht selber drum kümmern müssen!

Ich kann mich den jubelnden Facebook-Kommentaren nicht aus voller Kehle anschliessen. Der Text hat für mich auch etwas Trotziges und wenig Konstruktives. Schon wieder war der Traummann nicht fähig, ihr die Wünsche von den Augen abzulesen!

Unbeholfene Kommunikation in der Paarbeziehung

Vor einem Jahr bat ich meinen Mann, sich jeweils für meine PMS-Tage einen Reminder in den Kalender zu setzen. So sollte er gefasst sein, wenn einmal im Monat die klassischen Anschuldigungen im Stile von «immer» und «nie» auf ihn niederprasselten.

«Immer steht das Essen schon auf dem Tisch, wenn du nach Hause kommst.»

Nie packst du die Schulrucksäcke am Vorabend.

«Immer lande ich in den WhatsApp-Gruppen mit den anderen Müttern.»

Wenn mir alles zu viel wird, macht sich das Gefühl breit, dass ich immer alles allein schmeisse. In den wenigsten mir bekannten Paarbeziehungen ist es aber tatsächlich so, dass eine:r sich abrackert, während die andere Person auf dem Sofa die Füsse hochlegt.

Ich selbst habe noch nie Windeln nach Hause geschleppt oder mich um die Betreuungsgutschein-Bürokratie gekümmert. Aber wenn der Druck von allen Seiten steigt, wirft man schnell alles in einen Topf und schlägt – etwas hilflos – um sich. 

Ungleiche Startchancen ins Elternsein

Woher kommt der Frust? Es ist oft so, dass ich vorausdenke und Dringendes gleich erledige. Die Sozialisierung hilft auch nicht grad. Am Ende bin ich irritiert, dass ich es wieder machen musste.

Aber ich muss auch zugeben, dass ich niemandem die Möglichkeit gebe, es mir abzunehmen. Denn meist erledige ich es ohne vorher zu fragen oder zu delegieren. Ich habe weder Geduld noch Nerven zu warten, bis mein Partner in seinem Tempo und nach seinem Gutdünken kocht oder den Staubsauger in die Hand nimmt.

Meiner Meinung nach verstärkt beispielsweise der Mutterschaftsurlaub diese Beziehungsdynamik zusätzlich (nichts gegen Babypause an sich; es bräuchte genau deswegen eine geteilte Elternzeit).

Natürlich hat die Mutter mehr Übung im Wickeln und Signale deuten!

Sie konnte sich mindestens vierzehn Wochen mit dem Erlernen dieser neuen Skills auseinander setzen. Der Vater hat nach seinem eintägigen Vaterschaftsurlaub dagegen nur Freizeit und Papitag zur Verfügung. (Anmerkung der Redaktion: Zum erstmaligen Erscheinungsdatum dieses Artikels war der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub noch nicht in Kraft getreten).

Selbst wenn die Aufteilung später fünfzig-fünfzig ist, und das ist immer noch eher die Ausnahme, die Mutter hat einen Wissensvorsprung.

Ist es dann fair zu schnauben: «Ach, lass mich mal ran! Du machst ja alles verkehrt!» Wie wäre es denn mit: «Ok, probier du. Ich geh solange ins andere Zimmer, damit ich dir nicht wie ein Habicht über die Schulter schaue und nörgle.«

Scheideweg: Emotionsarbeit oder ehrliche Kommunikation?

Zurück zu Gemma Hartley, die sich von ihrem Partner zum Geburtstag eine Putzkraft  wünscht. Er verpennt es und macht es sowieso nicht so systematisch wie sie es wollte. Das verursacht in ihr «emotional labor», ein Begriff aus der Soziologie, zu Deutsch: Emotionsarbeit.

Dazu kommt es, wenn wir starke Emotionen, wie Ärger unterdrücken oder verdecken müssen, beispielsweise weil die gesellschaftliche Erwartung oder das Anforderungsprofil im Job es verlangen. Im Dienstleistungssektor leisten beispielsweise viele Menschen Emotionsarbeit, weil sie ihren Frust vor Kundschaft verbergen müssen.

In der Situation von Gemma Hartley sprechen wir aber nicht von einer Kunden- sondern von einer partnerschaftlichen Beziehung. So frage ich mich: Wieso formuliert sie nicht von Anfang an, was sie sich genau zum Geburtstag wünscht? Ohne Manipulation und den Versuch, ihrem Partner eins auszuwischen?

Wieso haben wir in Beziehungen den Anspruch, dass man uns jeden Wunsch von den Augen abliest? Ist es nicht einfacher, auf Augenhöhe ehrlich unsere Bedürfnisse anzusprechen und zu verhandeln?

Wo kommen wir denn hin, wenn jede und jeder in der Beziehung zwischen den Zeilen lesen muss?

Ich glaube, egal wie lange wir bereits in einer Beziehung leben: Das Aushandeln und Abgleichen von Bedürfnissen wird nie zum Selbstläufer.

 Bedürfnisse kommunizieren statt Opferhaltung

Klar, es ist viel schicker, nicht alle Wünsche haarklein formulieren zu müssen. Wer zeigt sich schon gern verletzlich und bittet um Hilfe?

Lieber warten wir darauf, dass die andere Person von sich aus Wäsche zusammenlegt, die seit mehreren Tagen rumsteht. Lieber beissen wir uns auf die Zunge, bis die andere Person ins Messer läuft. Dann holen wir zum passiv-aggressiven K.o.-Schlag aus: «Jaaaaa, ich habe das Geschenk für deine Mutter schon besorgt!»

Und was kostet es uns, ich-botschaftig Bedürfnisse auszusprechen? Ein bisschen Überwindung, klar. Aber wir sparen uns den angestauten Ärger, der uns fast zum Platzen bringt.

Je öfter wir die Hosen runterlassen, desto selbstverständlicher können wir mit der Zeit sagen: «Ich wünsche mir, dass du dich um den Schwimmkurs für die Kinder kümmerst. Darf ich dir das von A bis Z übergeben?» Ausserdem scheint es mir schwierig zu erwarten, dass das Gegenüber exakt die gleichen Ansprüche an Sauberkeit, Ordnung, Koordination und Ernährungsplan hat.

Wenn es uns wirklich wichtig ist, müssen wir halt den Mund aufmachen.

Mir scheint, in privaten Beziehungen haben wir die Chance, Emotional Labor zu vermeiden, wenn wir auf Augenhöhe kommunizieren. Natürlich klappt es nicht immer! Aber die Alternative, Opferhaltung und nachträgliches Wutschnauben, hellen das Beziehungsklima sicher nicht auf. Im besten Fall führt die Verletzlichkeit, die sich beim Kommunizieren ergibt, sogar zu mehr Nähe.

Und Gemma Hartley’s Nachklang-Post scheint mir Recht zu geben. Mund auf und Hosen runter.

Autorin

Elisa Malinverni lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Bern. Sie ist Yogalehrerin, Buchautorin, Podcasterin und Journalistin. Meistens hat sie zu viele Ideen, als für sie gut sind. www.elisamalinverni.com

Informationen zum Beitrag

Dieser Beitrag erschien erstmals am 1. April 2018 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Any Working Mom existierte von 2016 bis 2024. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.


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2 Antworten

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  1. Avatar von D
    D

    Ich kenne das Problem nur zu gut. Wenn ich bitte, macht mein Mann sehr viel und ja, ich platziere Wünsche konkreter als auch schon. Das Problem daran, finde ich aber die Ich-Botschaft. Das „Ich“ muss dann auch dankbar sein, er hat es ja für mich, nach meinem Wunsch gemacht. Manchmal mag ich aber nicht gross dankbar sein für Dinge, welche ich eigentlich (in einer geteilten Kinderbetreuung) als „selbstverständlich“ bzw Teil des ganzens erachte. Er braucht es ja auch nicht zu sein, ich mache es automatisch. Für mich entsteht da teilweise ein Ungleichgewicht, welches mich stört.

  2. Avatar von Al
    Al

    Naja, ich finde „ich wünsche mir eine Putzfrau“ doch ein ziemlich klarer und direkt formulierter Wunsch. Braucht‘s dafür noch eine step-by-step Anleitung? Die Idee ist ja, dass die gute Frau weniger zu tun hat, nicht einfach gleichviel von was Anderem (Kinder anstatt dreckige Wohnung). Den Teenie-Anspruch, dass der Traumprinz doch bitte alle Wünsche von den Augen ablesen soll, kann ich nicht erkennen. Eher den direkt ausgesprochen Wunsch, etwas Verantwortung abgeben zu können. Und wenn den Frauen äußern können, gerade wenn sie Familie, Beruf, Haushalt usw. unter einen Hut zu kriegen versuchen, ist das für mich eher ein Zeichen (längst überfälliger) Emanzipation als die Jammerhaltung einer Mutter ohne Eier.