Mein Kind hat Lernprobleme: 6 Tipps für mehr Verständnis und weniger Schimpfen
Konzentrier dich! Wir wissen, dass Schimpfen bei Lernproblemen kontraproduktiv ist. Und doch passiert es. Dieser Text zeigt Alternativen.
Viele Eltern von Kindern mit Lernschwierigkeiten fühlen sich überfordert. Sie stossen an ihre Grenzen und werden laut. Wie kommt es dazu? Und wie können sie Kinder mit Lernproblemen unterstützen?
Marina plagt das schlechte Gewissen. Sie hat sich fest vorgenommen, anders zu reagieren. Doch wieder ist es passiert. Marina sass mit ihrer Tochter Seraina an den Mathe-Hausaufgaben – seit einer halben Stunde. Dreimal hatte sie ihr den Rechenweg erklärt. Marina atmete tief durch. Auf zur nächsten Aufgabe. Erneut starrte Seraina stumm aufs Blatt. Das triggerte Marina. Genervt fuhr sie ihre Tochter an: «Seraina, konzentrier dich jetzt mal!»
Gelangst du auch immer wieder in solche Situationen? Und fühlst dich dabei hilflos und schuldig?
Dann ist dieser Beitrag für dich. Du erfährst, wie es zu diesen angespannten Situationen kommt und was sie bei deinem Kind auslösen. Zudem zeigen wir dir sechs rettende Alternativen zum Schimpfen.
Was sind Lernschwierigkeiten überhaupt?
«Alex hat keinen Bock auf Mathe!»
«Lina wünscht sich, lesen zu können wie die anderen Kinder. Das macht sie traurig.»
Die Anzeichen für Lernprobleme können ganz verschieden sein. Eltern erleben bei ihren Kindern unterschiedliche Verhaltensweisen und Emotionen. Auch die Ursachen für Lernschwierigkeiten sind vielschichtig und nicht abschliessend geklärt.
Zwei Dinge sind jedoch klar: Jedes Kind will eigentlich lernen. Und jedes Kind kann Lernfortschritte erzielen.
Gleichzeitig stossen Kinder in ihrer Lernentwicklung immer wieder auf Hindernisse. Meist geschieht dies an einem unerwarteten Ort: der Schule. Einigen Kindern fehlt im Unterricht die Zeit, die sie eigentlich bräuchten. Andere können mit den oft abstrakten, papierlastigen Zugängen nichts anfangen.
Diese Kinder haben etwas gemeinsam: Sie besitzen spezielle Lernbedürfnisse. Sie benötigen andere Wege, kleinere Schritte, mehr Wiederholung und mehr Zeit.
Gleichzeitig ist die Schule schlecht dafür vorbereitet: Denn der Unterricht orientiert sich am Lehrplan, Klassen arbeiten mit einem Lehrmittel. Da bleibt wenig Raum für Kinder, die etwas anderes brauchen.
Das Ergebnis: Betroffene Kinder entwickeln Lücken bei den Grundlagen. In Mathe haben sie zentrale Aspekte der Rechengrundlagen noch nicht verstanden. Oft liegen die Lernschwierigkeiten bei den Mengen, beim Zehnerübergang, bei den Operationen, Stellenwerten und Grössen. Bei Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten fallen sie durch viele Rechtschreibfehler und eine niedrige Lesegeschwindigkeit auf. Auch haben sie Mühe, das Gelesene zu verstehen.
Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
Anfangs kleine Lernprobleme akzentuieren sich.
Die Kinder bleiben bei den Grundlagen stecken und verpassen den Anschluss im Schulunterricht.
Laut einer deutschen Studie bekunden 23% aller Schüler:innen am Ende der 2. Klasse Schwierigkeiten mit den Grundlagen beim Lesen, Rechtschreiben und/oder in Mathematik (vgl. Fischbach, A., Prävalenz von Lernschwächen und Lernstörungen, 2013). In Schweizer Klassenzimmern dürfte das Bild ähnlich sein.
Das bedeutet: In einer Klasse von 20 Kindern sitzen durchschnittlich vier bis fünf Kinder, die sich mit den Grundlagen schwertun.
Wenn der Druck steigt, geht plötzlich nichts mehr.
Du hast es sicher mal erlebt: Dein Kind ist am Puzzeln. Es hält zwei Teile in den Händen und ist überzeugt, dass sie zusammenpassen. Es drückt mit voller Kraft, die Puzzleteile verbiegen sich und stecken fest.
Genauso geht es Kindern mit Lernproblemen. Denn ihre Lernbedürfnisse und der Schulunterricht passen einfach nicht zusammen.
Die Kinder besuchen den Unterricht. Sie hören sich die Erklärungen der Lehrperson an. Sie üben, sie probieren. Mit wenig Erfolg – denn gleichzeitig wird der Leistungsrückstand immer grösser.
Das hat Folgen: Die betroffenen Kinder fühlen sich überfordert. Sie schaffen es nicht, Arbeitsaufträge zu erfüllen. Sie scheitern an Prüfungen. Immer und immer wieder erleben sie: Ich schaff es nicht!
Diese schwierigen Gefühle brennen sich ein. Und brechen dann wieder hoch: Die Kinder sind traurig, wütend oder frustriert.
Oft geschehen diese Gefühlsentladungen zuhause. Die starken Gefühle überwältigen viele Eltern: Sie wissen nicht, wie sie reagieren können. Sie spüren, dass ihre Unterstützung ins Leere läuft. Den Eltern fehlen positive Handlungsmöglichkeiten. Sie kippen ins Schimpfen.
Wieso Schimpfen bei Kindern mit Lernproblemen schadet:
Wenn es uns gut geht, lernen wir Menschen am besten.
Das belegen Studien: Ein harmonisches Miteinander erzeugt positive Gefühlszustände in uns. Diese wiederum erhöhen unsere Aufmerksamkeit und Neugier (vgl. Hascher, T.,& Oser, F., Lernen, Motivation und Sozialklima, 1996). Einfach gesagt: Wenn wir uns gut fühlen, dann sind unsere Sinne offen. Wir nehmen Neues leichter auf und speichern es besser ab.
Nochmals zurück zu Seraina: Sie sitzt bereits über eine halbe Stunde vor den Rechenaufgaben, die sie nicht versteht. Ihre Mutter versucht angestrengt, ihr den Rechenweg zu erklären. Doch die gutgemeinte Hilfe setzt Seraina nur noch mehr unter Druck: Denn mit den Erklärungen kann sie nichts anfangen. Gleichzeitig spürt sie, wie bei ihrer Mutter die Anspannung steigt.
Dann kommt der Ausbruch: «Seraina, konzentrier dich jetzt mal!»
Was löst dieser bei Seraina aus?
Sie fühlt sich noch kleiner und machtloser.
Sie fühlt sich alleingelassen: Niemand versteht ihre schwierige Situation – nicht einmal ihre Mutter.
Sie wird in ihrer Erwartung bestätigt: «Ich werde Mathe nie schaffen!»
Sie macht komplett zu. Jegliches Lernen wird unmöglich.
Was bewirkt das Schimpfen bei Marina?
Sie konnte Dampf ablassen.
Eventuell zeigt die Ermahnung kurzzeitig Wirkung: Seraina scheint sich zu bemühen.
Danach plagt Marina das schlechte Gewissen.
Das Schimpfen ist die Konsequenz von Überforderung. Es passiert in einem Ablauf, über den Marina die Kontrolle verliert.
Liegen die Nerven blank, ist es zu spät. Also: Um das Schimpfen zu vermeiden, sollten wir früher ansetzen.
Deshalb zeigen wir dir alternative Handlungsweisen im Umgang mit Lernschwierigkeiten. Wir geben Tipps, wie du die Weichen frühzeitig in Richtung Entspannung stellen kannst.
Tipp Nr. 1: Weniger ist mehr
48 Rechnungen. Zwei Seiten Lesetext.
Das ist viel. Zu viel.
Für Kinder mit grundlegenden Lernschwierigkeiten sind solche Anforderungen unerfüllbar. Sie fühlen sich, als ob sie am Fuss einer steilen Felswand stehen. Sie schauen hoch und wissen: Das schaff ich nie!
Die Konsequenz: Die Kinder sitzen vor den Aufgaben und tun gar nichts. Dieses Verhalten ist keine Unlust, kein Trödeln. Das ist Überforderung!
Was kannst du in dieser Situation machen?
Hier hilft es, die Latte zu senken. Reduziere die Aufgabenmenge auf das, was für dein Kind (und dich) leistbar ist.
Das könnte so aussehen:
Du wählst zwei oder drei Rechenaufgaben und bearbeitest diese gemeinsam mit deinem Kind. Du zeigst den Rechenweg vor und führst dein Kind Schritt für Schritt durch. Dein Kind rechnet das, was ihm gelingt.
Bei langen Lesetexten liest dein Kind einige Sätze; du den Rest. Oder du liest alles vor. Dein Kind konzentriert sich aufs Verstehen und beantwortet die Fragen zum Text.
Danach macht ihr Schluss!
Melde der Lehrperson, was ihr geschafft habt. Am besten triffst du mit der Lehrperson eine Absprache, wie ihr die Hausaufgaben auf das Machbare reduzieren könnt.
Wir wissen: Diese Empfehlung klingt ungewohnt. Viele besorgte Eltern denken: Mein Kind mit Lernproblemen braucht mehr Übung. Ja, jedoch nicht so.
Warum? Lass uns dazu nochmals zu Seraina zurückkehren: Sie begann im Alter von acht Monaten mit dem Laufenlernen. Sie zog sich an den Möbeln hoch. Und plumpste wieder auf ihren Windelpo. Nach einiger Zeit nahm sie die ersten zaghaften Schritte. Ihre Mutter oder ihr Vater waren immer an ihrer Seite: Sie halfen ihrer Tochter wieder auf die Beine. Sie führten sie an der Hand, bis sich Seraina sicher fühlte.
Genauso ist es beim Rechnenlernen: Seraina schafft das Rechnen im Zahlenraum bis 100 noch nicht. Ihr fehlen die sicheren Grundlagen dafür. Deshalb bringen ihr mehr Rechenaufgaben im 100er-Raum nichts.
Es ist wie beim Laufenlernen: Seraina benötigt einen langsamen, schrittweisen Aufbau von den Grundlagen her. Dann wird sie es schaffen!
Tipp Nr. 2: Hand in Hand
Verloren und alleingelassen. So fühlen sich Kinder mit grundlegenden Lernschwierigkeiten oft.
Sie sitzen im Schulunterricht und probieren einen Ansatz. Dann werden sie unsicher und bräuchten eine Bestärkung. Oder sie bleiben stecken und bräuchten eine kleine Hilfestellung. Doch niemand ist an ihrer Seite. Sie erleben einmal mehr: «Ich schaff es nicht und bin allein damit!»
Was kannst du in dieser Situation tun?
Nutze deine enge Beziehung zu deinem Kind. Begleite dein Kind, wenn es an seinem Problemfach arbeitet. Fühle hin, wie es ihm dabei geht. Bestärke, wenn es Mut braucht. Feiere, wenn ihm etwas gelingt. Unterstütze, wenn es nicht mehr weiterkommt.
Und vor allem: Brich ab, wenn Überforderung aufkommt.
Tipp Nr. 3: Zu Zweit am Start
«Ich hab keine Lust!» Viele Kinder mit grundlegenden Lernschwierigkeiten leiden an Aufschieberitis. Es fällt ihnen schwer, die Hausaufgaben in ihrem Problemfach anzugehen. Sie wollen sich gar nicht darauf einlassen.
Was kannst du in dieser Situation tun?
Gehe den ersten Schritt gemeinsam mit deinem Kind. Nimm dir kurz Zeit und baue mit deinem Kind eine Verbindung auf.
Das könnte so aussehen: Du kuschelst mit deinem Kind. Oder dein Kind schlägt drei Räder und du schaust zu. Oder ihr geniesst gemeinsam einen Snack. Dann legt ihr los.
Dein Kind spürt, dass du an seiner Seite bist. Das gibt Sicherheit und macht Mut.
Tipp Nr. 4: Mini-Auszeit für dich
Die Hausaufgaben sind oft Beziehungsarbeit. Gerade bei Kindern mit grundlegenden Lernproblemen ist das Begleiten anspruchsvoll.
Die Gefühlsebene kann rasch kippen. Gelingt betroffenen Kindern etwas nicht, kommt Frust auf, Tränen fliessen.
Allzu oft entsteht eine schädliche Dynamik: Auch beim begleitenden Elternteil steigt die Anspannung. Das Kind spürt dies und wird noch unsicherer. Das wiederum triggert den Elternteil. Das Ergebnis: Die erwachsene Person explodiert und schimpft.
Was kannst du in dieser Situation tun?
Lass es erst gar nicht so weit kommen. Nimm dir eine Auszeit, wenn bei dir die Anspannung aufsteigt. Mach bewusst einen Schritt raus aus der Situation: Hol dir einen Tee. Leer den Briefkasten oder geh aufs Klo. Oft reicht das bereits, um aus dem ungesunden Kreislauf auszutreten. Falls nicht, brichst du ab.
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Tipp Nr. 5: Lernprobleme nicht ignorieren, sondern unseren Blick anpassen
Prüfungen und Noten wirken wie Magnete. Sie ziehen unsere Aufmerksamkeit, Zeit und Energie magisch an.
Viele Eltern lernen mit ihren Kindern stundenlang vor Prüfungen. Sie üben noch ein wenig mehr. Womöglich hilft es ja doch.
Die Folge: Die Eltern signalisieren ihrem Kind, dass sie eine gute Leistung erwarten. Das erhöht den Druck zusätzlich. Danach ist die Enttäuschung bei Kindern mit Lernproblemen umso grösser: «Wieder hat es nicht geklappt!»
Was kannst du in dieser Situation tun?
Pass deine Erwartungen auf das an, was dein Kind leisten kann.
Kindern mit grundlegenden Lernschwierigkeiten fehlen die sicheren Grundlagen. Sie können die schulischen Anforderungen meist noch gar nicht erfüllen. Die Latte liegt stets zu hoch. Die Kinder können sie nie überspringen.
Deshalb: Richte deinen Blick auf die Grundlagen. Denn dort kann dein Kind Fortschritte erzielen und Erfolge erleben. Hol dir dazu professionelle Hilfe von aussen; beispielsweise in einer Lerntherapie.
Tipp Nr. 6: Goldgräber-Trick
Überall Negatives! Die Hausaufgaben sind ein Kampf. Die letzte Prüfung lief wieder schief. Gestern kam noch ein schwieriger Anruf der Lehrperson.
Alles läuft in die falsche Richtung. Dieses Gefühl verspüren viele Eltern von Kindern mit Lernschwierigkeiten. Noch schlimmer: Diese Sichtweise verstärkt sich selbst. Angespannt suchen die Eltern nach Anzeichen, die ihre Erwartung bestätigen. Kleine Ereignisse lösen eine Überreaktion aus.
Was kannst du in dieser Situation tun?
Wechsle deine Perspektive. Verhalte dich wie ein Goldgräber: Geh auf die Suche nach den positiven, funkelnden Momenten. Wie Goldnuggets sind sie oft nicht einfach zu finden. Sie sind kleine, unscheinbare Vorkommnisse in einer insgesamt schwierigen Situation.
Zwei Beispiele: Dein Kind schafft es, in einem schwierigen Wort alle b und d korrekt zu lesen. Oder es hat einen Schritt im Rechenweg allein gemeistert.
Gerade wenn die Situation angespannt ist, sind diese Momente besonders wertvoll. Sie funkeln wie ein Goldstück und bringen Licht ins Dunkel. Sie zeigen: Veränderung ist möglich und erste kleine Schritte gelingen bereits.
Das Begleiten von Kindern mit Lernproblemen ist anspruchsvoll.
Alle 6 obengenannten alternativen Handlungsweisen verfolgen ein Ziel: Überforderungssituationen vermeiden.
Jedes Mal, wenn dir das gelingt, ist es ein Riesengewinn, für dich und dein Kind. Denn du hast eine belastende in eine verbindende Erfahrung umgewandelt. Du erlebst, dass du auch schwierige Situationen mit deinem Kind konstruktiv lösen kannst. Das stärkt dein Vertrauen in deine Fähigkeiten.
Dein Kind spürt: Ich bin nicht allein mit meinen Schwierigkeiten. Meine Mutter, mein Vater sind an meiner Seite. Das gibt Mut und Zuversicht.
Das Beste: Diese positive Entwicklung schafft Freiraum, um die Ursachen der Lernprobleme anzugehen. Damit verschwindet eine Quelle von Stress und Frustration – aus eurer Beziehung und dem Leben deines Kindes.
Full Disclosure: Dieser Artikel wird unterstützt von unserem Partner bellicon.
Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 22. Juni 2023 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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