Oh, Baby
Eine Liebeserklärung an Dich, Du kleiner, neuer Mensch in meinem Leben.
Oh, Baby.
Du sahst aus wie Yoda, kurz nach der Geburt, wie eine kleine alte Frau, ein Tierchen, das sich schnüffelnd an mir festhält. Ich habe mich sofort in dich verliebt, und es war nicht das Morphin. Sondern Oxytocin an der Grenze zur Overdose. Wenn andere schreiben, „ich hätte Dich stundenlang anschauen können“, dann ist mir das zu kitschig.
Ich schaue dich stundenlang an. Dein Hälschen streckst du wie eine hungrige Schildkröte. Reisst die Arme hoch, wenn deine Schwester mit 70 Dezibel deinen Namen quiekt. Ich muss lachen, wenn du fiepst wie ein Meerschweinchen, meckerst wie ein Zicklein, wenn dein Schluckauf tönt wie eine Gummiente, auf die man draufgetreten ist.
Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
Du bist mein drittes Wunder und man könnte meinen, ich hätte mich an euch gewöhnt. Been there, done that. Im Gegenteil, es hat mich noch schlimmer erwischt, oder vielleicht war es immer so, ihr drei habt mich verwandelt in ein demütiges, dankbares Geschöpf, das Herzchen in den Pupillen trägt und selig dauerlächelt ob so viel Glück. Ich finde auch das unerträglich kitschig.
Seit bald drei Monaten bist du bei mir, auf mir, tags und nachts. Ich bin jetzt noch zehenfertiger geworden – kann mit dem Grossen die Nachttischlampe ausknipsen, wenn du auf meinem Bauch einschläfst. Wäsche aufhängen mit dir auf mir, Kniebeugen mit Gewicht, das ist mein Sport. Dein Vater nennt mich Känguruh. Aber ich will dich nicht ablegen, ich mag es, deinen Kopf in Kussdistanz. Vielleicht, weil du die Letzte sein wirst, die so lange so nahe bei mir ist. Die mich so braucht. Keinen Moment davon will ich verpassen.
„Und, wie ist es so mit drei?“ Alle wollen das wissen. Und dann sage ich: Es ist anstrengend, aber machbar. Vielleicht, weil du ruhiger warst als deine Geschwister. Ein Anfängerbaby, schon fast ein Buddha-Baby, immer zufrieden, meistens am Schlafen, zumindest die ersten fünf Wochen. Jetzt hast auch du Koliken, schreist dir jeden Abend den Tag aus der Seele, und auch das finde ich (im Moment noch): machbar. Einer schreit immer, bei uns, und abends bist es nun halt du.
Die Pausenlosigkeit, die deine Schwester als Nummer zwei in unser Leben gebracht hat? Wir kennen sie schon. Den Schlafmangel und die konstante Müdigkeit? Ist auch nichts Neues. Die Zeit, die mir und deinem Vater für uns fehlt? Hatten wir auch vorher nicht. Dafür haben wir dich. Haben wir euch.
Unsere intensivsten Wochen zusammen gehen langsam zu Ende. Wir kommen aus der Höhle gekrochen. Ich merke, mir kribbelt es unter der Haut, bin hin und her gerissen zwischen dem wohligen Gefühl, Känguruh sein zu dürfen und dem Wunsch, meinen Kopf und Körper auch wieder für mich zu haben. Und du, du entdeckst langsam deine Welt, deine Geschwister, deine Familie.
Dass du dazu gehörst, kleine Meine. Es ist jede Anstrengung wert.
Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 1. Mai 2017 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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