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Die Working Mom ist tot

Wir haben einen neuen Namen! Aus «Any Working Mom» wird «mal ehrlich». Warum das sein muss und wieso es trotzdem weh tut.

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Von Andrea Jansen

Eine erschöpfte Frau legt ihren Kopf auf den Laptop auf dem Tisch, der übersät ist mit Spielzeug, Schoppen, Wäsche. - Die Working Mom ist ein überholtes Bild.

Hier ruht die Working Mom. Wahrscheinlich ist sie an Erschöpfung gestorben. Oder an den eigenen Erwartungen verendet. Möglicherweise sind ihr die vermeintlich wertvollen Tipps, wie Kinder und Karriere vereinbar wären, im Hals stecken geblieben.

Die Working Mom: Wer war sie?

Auf Bildern bei Google Search trägt sie Deux-Pièce und ein Baby, während sie einhändig sehr konzentriert etwas in einen Laptop tippt.

In meiner Vorstellung war sie viel cooler, erstrebenswerter, genau das, was ich einmal werden wollte: eine Bosslady, die sich nicht von Kindern entgleisen lässt, sondern trotz und mit Kindern ihren beruflichen Weg geht. Gleichzeitig, allzeitig. Eine Frage der Organisation.

Ich wollte das. Kinder UND Karriere. Ich wollte ALLES.

Meine weltherrschaftlichen Pläne kollidierten postpartal mit meiner eigenen Gefühlswelt, die sich damals irgendwie komisch antifeministisch anfühlte: Ich wollte bei meinem Kind sein, Zeit mit ihm verbringen. Wollte meine Rolle als Mutter auch leben, fühlen, aus ihr lernen.

Mit der Liebe zum Kind hatte ich gerechnet – mit den Ansprüchen der Mutterrolle ehrlich gesagt nicht.

Und irgendwie kriegte ich es nicht in den Kopf, warum ich dabei weniger «jemand» sein sollte als im Erwerbsleben. War ich nicht sogar wichtiger geworden, zumindest für diesen einen, kleinen Menschen?

Wie bei den meisten Paaren kippte auch bei uns die Gleichberechtigung genau in dem Moment, als wir Eltern wurden: aus mir – Teil eines bisher absolut egalitären Paares – war plötzlich ungefragt die Familienmanagerin geworden, während der Vater «mithalf».

«Über-rasch-ung!» triumphierte das System.

«Und wenn ich diese Eltern jetzt nicht kriege, dann spätestens beim Schuleintritt der Kinder! Hurra!» Zur Erinnerung: Wir beide hatten das weder so geplant, noch gewollt.

Aus diesen Vorstellungen versus die Realität, mit der sie zusammenstiessen, entstand «Any Working Mom».

Weil ich mir sicher war: Ich bin nicht die einzige, die mit diesen Widersprüchen kämpft. Mit dem Wunsch, meine Berufung auch ausserhalb der Familie zu leben, aber auch der Erkenntnis, dass ich Familie nicht «nebenbei» machen wollte.

«Any», also jede Working Mom hatte mit diesen Themen zu kämpfen. Und das zu ändern, war mein Antrieb: Ich gründete diese Plattform.

Zurück zur toten Working Mom. Was ist passiert?

Etwas Wunderbares! Wir – mittlerweile ein Team von Menschen, die eine gemeinsame Vision teilen – haben nämlich dazu gelernt. Uns ist genau das passiert, was wir uns mit dieser Plattform wünschen: ein Mindshift, ein Wandel im Denken. Und er fühlt sich gut an.

Zuerst begannen wir, Arbeit neu zu denken. Und zu definieren. Diesen Text hier zu schreiben, ist Arbeit. Einen Streit zwischen Bruder und Schwester schlichten? Auch Arbeit. Daran denken, was es noch alles im Kühlschrank hat und was es zusätzlich braucht, um ein feines Znacht zu kochen?

Yup, 100 Punkte: Arbeit.

Nach einem 16-Stunden-Tag mit unseren Kindern haben wir nicht NICHTS gemacht, auch wenn wir es dank unseren Leistungsidealen tatsächlich schaffen, uns das einzureden. Nur, weil es vielleicht für die Präsentation vom Dienstag nicht mehr gereicht hat. Hier verdienen wir Nachsicht, Respekt und Wertschätzung – füreinander, aber vor allem: für uns selbst.

Wir wurden nicht müde, es zu betonen: Klar, das «Working» in Any Working Mom stehe auch für Sorgearbeit, erklärten wir immer wieder. Und mit «Mom» seien selbstverständlich auch die Väter gemeint – denn sie sind für einen Systemwandel genau so wichtig, wie die Mütter.

Nur, Hand aufs Herz: Wie glaubwürdig ist ein Name, dessen Sinnbild eine erwerbsarbeitende Mutter mit Kind(ern) darstellt? Ein Name, bei dem wir so vieles dazu erklären müssen? Und wer will schon mitgemeint werden? Niemand. Nie.

Wir mussten ehrlich zu uns sein. Und ja, das tat weh.

Es schmerzte, denn die Working Mom, sie ist uns ans Herz gewachsen, sie war acht Jahre lang unsere Bugfigur. Wir sorgten uns um Kritik von Berufskolleg:innen («Macht das nöd!») oder Kopfschütteln bei unserer Community – und gleichzeitig führt leider kein Weg daran vorbei, wenn wir uns selber treu bleiben wollen:

Die «Any Working Mom» muss gehen. Sie ist nicht mehr zeitgemäss, sie repräsentiert nicht mehr, woran wir glauben.

Wir denken heute anders als vor acht Jahren. Wir sehen nicht mehr nur eine Frau im Spagat zwischen Kind und Karriere, sondern auch Väter, die in ihrer Rolle als Caretaker respektiert werden möchten. Wir sehen Eltern, als Paar und als Team, die ihren eigenen Weg gehen wollen.

mal ehrlich: Jetzt legen wir richtig los!

mal ehrlich heissen wir ab heute. Weil wir ehrlich darüber sprechen möchten, wie es ist, aber eben auch, wie es sein könnte. Und uns eure Meinung und eure Wege interessieren, weil wir alle voneinander lernen dürfen.

Wir stellen weiterhin die Eltern ins Zentrum, und nicht die Kinder. Sie sind Teil von uns, sie bereichern unsere Leben und verändern uns – aber sie definieren uns nicht.

Wir wollen Eltern sein, aber auch «Ich» bleiben.

Um das zu symbolisieren, kürzen wir unseren neuen Namen mit me: ab.

Und weil dieses Elternsein-Dings unglaublich anstrengend und frustrierend sein kann, dürft ihr euch darauf verlassen, dass wir euch (und uns, ehrlicherweise!) immer wieder daran erinnern, dass der Anspruch an Perfektion uns kaum ans Ziel bringen wird. Sondern höchstens in ein Burnout treibt. Was wir deshalb anstreben: Genug sein. Mit hohen, aber eben nicht überhöhten Ansprüchen.

Das zu erreichen, schaffen wir aber nur gemeinsam.

Es braucht Mütter und Väter, es braucht Verbündete in Form von jüngeren Menschen, für die Familie erst in der Zukunft stattfindet, von Grosseltern, von Göttis und Gottis, von kinderfreien Menschen, es braucht Respekt für alle Arten von Arbeit, es braucht einen urteilsfreien Dialog, die Offenheit für einen Denkwandel und den Nährboden für all dies: ganz viel Empathie.

mal ehrlich: wir finden, es braucht uns.

Und euch braucht es noch viel mehr.

Autorin

Andrea Jansen hat 2016 Any Working Mom gegründet und lange als CEO geführt. Bei mal ehrlich ist sie für Strategie und Business Development verantwortlich. Sie reist gerne durch das Leben und um die Welt, versucht, weniger zu micromanagen und mehr zu schlafen. Sie ist Unternehmerin, Stiftungsrätin, Journalistin und Mutter von drei Kindern. Seit mindestens drei Jahren will sie ihre Website updaten und kommt nicht dazu – bis dahin findet man sie auf Insta als jansenontour.

Informationen zum Beitrag

Veröffentlicht am 14. März 2024.


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Eine Antwort

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  1. Avatar von Mary
    Mary

    Danke für diese erfrischende Ehrlichkeit: