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Kolumne

Heimlich schwanger: eine Oscar-reife Performance

Frühschwangerschaft und feuchtfröhliche Firmenfeier – eine schwierige Kombi. Wie weit muss frau gehen, damit niemand Verdacht schöpft? Finde es heraus in Folge 1 unserer Schwangerschaftskolumne.

Collage mit Porträt von Kolumnistin Rebekka Bräm, zwei Champagnergläsern, einem Oscar und einem Verbotsschild mit trinkender Schwangerer

Immer routinierter hebe ich den Becher zum Mund, lasse die viel zu starke Bowle gegen meinen von der Zunge verschlossenen Mund schwappen und versuche, ein möglichst natürliches Schlucken zu simulieren. Verstohlen blicke ich nach links und rechts – die Luft scheint rein zu sein.

Es ist ein lauer Abend im Juni, mein Arbeitgeber hat zum alljährlichen Mitarbeitendenfest geladen. Grund zur Freude eigentlich. Nur stresst mich der Anlass schon Wochen zuvor. Ich brainstorme Vorwände, um nicht auftauchen zu müssen, frage Freund:innen um Rat und google medizinische Ausreden für mein ganz und gar untypisches Verhalten:

Ich werde nicht trinken, weil ich im dritten Monat schwanger bin.

Eine schlauere Person hätte die Situation vermutlich kommen sehen. Sie hätte in dem Moment, als die Verhütung abgesetzt wurde, eine neue Normalität etabliert, hätte Dinge gesagt wie «Für mich gerne nur ein Glas», irgendeine Begründung dafür ist doch heutzutage immer en vogue.

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Nicht so ich. Nach einigen halbherzigen Versuchen in die entsprechende Richtung begann ich umso überschwänglicher zu trinken, stets etwas paranoid, man könnte mir meine möglicherweise bald bevorstehenden Umstände anmerken. «Dry January, das ist ja wohl das Doofeste ever!», verkündete ich etwas zu schrill.

Der Ansatz, einen «Dry June» vorzutäuschen, war danach natürlich unbrauchbar.

Und nach zwei Monaten nicht-so-fit-im-Moment, gerade-eine-Kopfwehtablette-genommen, muss-noch-arbeiten und pseudo-erstauntem Ah-dieser-Drink-hat-ja-gar-keinen-Alkohol wusste ich: Ich würde hoch pokern müssen, um meine Schwangerschaft wie geplant bis zur 13. Woche geheimzuhalten. Antibiotika wegen einer fingierten Blasenentzündung würden den bestimmt bereits etablierten Verdacht höchstens verstärken.

Ich fasste also einen Plan. Fehlen wollte ich nicht, das fand ich schade bei meiner letzten kinderlosen Gelegenheit.

Ich würde trinken müssen. Oder zumindest so tun als ob.

Ich wusste aber auch, dass es nicht reichen würde, an einem einzigen Glas Wein zu nippen, dazu hatte ich mir in den letzten Jahren den falschen Ruf erarbeitet.

Ich bin die, die die übriggebliebene Flasche Prosecco im Alleingang austrinkt, die nächste Runde initiiert, als Letzte nach Hause geht.

Wie von einer Freundin empfohlen, begann ich den Abend damit, meine Bereitschaft für Alkohol zu signalisieren. Kurz vor der ersten Bestellung schwenkte ich nonchalant um und bestellte ein Glas Wasser, viel zu wenig getrunken hatte ich heute!

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Später wollte ich – ganz wichtig: alleine – zurück an die Bar, um einen Gin Tonic ohne Gin, ein Rum Cola ohne Rum oder was auch immer ohne was auch immer zu bestellen. Also so ein Glas mit Eis und Gemüse, nicht zu unterscheiden vom potenten Original. Leider löste sich dieses Vorhaben in Luft auf, was mich kurzzeitig in Verzweiflung stürzte: Es gab Wein, Bier, Bowle.

Wäre ich darauf vorbereitet gewesen, hätte ich vermutlich ein kleines Kit für das Fälschen von alkoholischen Getränken mitgebracht.

Ein paar Wochen zuvor nämlich hatte ich mir aus Holunderblütensirup und Sojasauce einen überzeugenden Weisswein gemischt. Die geladenen Gäste zuckten mit keiner Wimper.

Ich verfluchte mich für meine erneut fehlende Weitsicht und entschied mich für die Bowle.

Erstes Glas: «Nicht zu viel, danke».

Ich blieb etwas weg von meiner Gruppe, um mir die Zeit zu geben, den Becher zur Hälfte auszutrinken. Danach trug ich ihn volle zwei Stunden durch die Gegend und schauspielerte ab und zu einen Schluck. Ich leerte den Inhalt in die Toilette, um mal wieder am Bowle-Stand anstehen zu können und dekorierte mich mit einem zweiten Becher, den ich später (wiederum alleine in der WC-Kabine und ja, es klang wie Durchfall) halbierte.

Und es funktionierte tatsächlich, niemand schöpfte Verdacht. Meine Frage an dieser Stelle: Bin ich genial, oder einfach nicht so wichtig, wie ich dachte?

Rebekka Bräm, Autorin, Schwangerschaftskolumne mal ehrlich

Autorin

Rebekka Bräm mag Texte, die in wenig Worten viel sagen. Ursprünglich Opernsängerin, arbeitet sie heute in der Kulturkommunikation und ist daneben als freischaffende Autorin tätig, unter anderem für die «Annabelle» und als Scout für «kulturzüri.ch». Schreiben ist etwas, was Rebekka passiert ist. Es hilft ihr dabei, in turbulenten Momenten ihre Ruhe wiederzugewinnen. Was sie als Autorin ausmacht, ist unzensierte Ehrlichkeit. Sie will auf den Punkt kommen, berühren und unterhalten.

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Veröffentlicht am 7. Januar 2025


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3 Antworten

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  1. Avatar von Michelle
    Michelle

    Echt jetzt? So viel Tohuwabohu wegem Alkohol-trinken-Vortäuschen? Man müsste hier einiges hinterfragen.
    Ich kann natürlich verstehen, wenn man eine Schwangerschaft in den ersten 3 Monaten für sich behalten möchte. Aber es wäre grundsätzlich wünschenswert, offener damit umzugehen. Eine Schwangerschaft ist eine der natürlichsten Sachen der Welt. Dazu die Wünsche zu äussern, ob man jetzt schwanger werden möchte, ob man gerade frisch schwanger ist, ob man ein Kind verloren hat, das sollte einfach ganz normal werden im alltäglichen Austausch, und es würde viele Mauern einreissen, weil man oft nicht versteht, warum Paare oder warum eine Frau gerade sich so oder so verhält und welche Geschichte dahintersteckt. Dann würde diese anstrengende Heimlichtuerei wegfallen.
    Und zweitens wird dem Alkohol in der Gesellschaft leider zu viel Bedeutung beigemessen. Fakt ist, er ist Gift für den Körper, wird aber weitestgehend verharmlost oder sogar glorifiziert. Es ist schade, dass viele Leute denken, es gäbe nur zwei Gründe, warum eine Frau keinen Alkohol trinkt: Entweder sie ist schwanger, oder sie ist Alkoholikerin. Dass jemand freiwillig auf Alkohol verzichten möchte, sollte normalisiert werden.

  2. Avatar von Claudia
    Claudia

    Der Artikel ist lustig und es finden sich bestimmt einige wieder. Allerdings finde ich es schade, diesem Vortäuschen und dem Alkoholtrinken soviel Gewicht zu geben. Ist doch egal, wenn jemand was vermutet, in ein paar Wochen wird’s ja eh bestätigt. Und wenn jemand direkt fragt, ist die Person die Idiotin und würde ich glatt anlügen (& danach beim Offiziellmachen auch sagen, dass das uncool war). Dazu kommt dieser Fokus auf Alkohol würde unserer ganzen Gesellschaft gut tun zu minimieren und müsste nicht noch so angefeuert werden, indem Nichttrinken ach so schlimm sei.

  3. Avatar von Sandra
    Sandra

    Du kriegst eine 6 für den Effort – nicht ganz ohne! Nach drei Kindern und selber als Gern-Trinkerin bekannt muss ich aber sagen hast du dich wahrscheinlich für die Beste Taktik entschieden. Denn meiner Erfahrung nach interessiert es niemanden ob jemand wirklich trinkt solange man selber trinken kann und einem nicht durch Absagen ein schlechtes Gewissen gemacht wird.