Loslassen
Das Kind alleine machen zu lassen, fällt schwerer als erwartet. Der Sohn kommt heim vom Kindergarten – ganz alleine. Alleine!
Es braucht ja nicht viel bei mir. Ich bin schampar nahe am Wasser gebaut. Aber dass ein in der Ferne blitzender Chindsgi-Leuchtstreifen meine Tränendrüsen aktivieren würde, damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.
Einmal Kindergarten – retour
Der Tag, an dem der Sohn den Heimweg vom Kindergarten zum ersten Mal ganz alleine bestreiten sollte, war ein düsterer. Neblig, kalt. Ich hatte die Strecke mehrmals mit ihm geübt, denn man weiss ja nie, was die Aufmerksamkeit eines Fünfjährigen vom Strassenverkehr ablenken könnte: Nacktschnecken, ein Malermeister, die Müllabfuhr – um nur einige zu nennen.
Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
Und trotzdem: Der Gedanke, dass der Sohn das erste Mal einen Weg zurücklegen würde, ohne dass ich ihn beschützen kann, er fühlte sich komisch an im Bauch.
Bei einem der gemeinsamen Übungs-Spaziergänge entdeckten wir einst eine tote Maus, was dann zu einem locker-flockigen Walk’n’Talk über den Tod, das Leben danach und Halloweenkostüme führte. Ist die Maus jetzt im Himmel? Warum weisst Du das nicht, Mami? Mamiiiii, was ist Gott?
Phuuuuuu. Die wahre Herausforderung des Elternseins: Impromptu-Tiefgründigkeit auf dem Trottoir.
Das, und das Loslassen. So ganz konnte ich es an besagtem Tag dann doch nicht. Im Helikoptern schlug mich aber Any Working Dad – der beorderte mich nämlich zur Spionage und schickte mich zur Überwachung auf halbem Weg hinter ein Büschli. Dort wartete ich dann, total unauffällig mit Kinderwagen, Baby und der Tochter mit ihrem frisch neonpink (don’t ask) gesprayten Trottinett.
Das Herz nahm einen erleichterten Gump, als ich meinen Kindergärtler entdeckte. Von weit her trappelte mir langsam der Leuchtstreifen entgegen, ich breitete meine Arme beschützend aus. Der Sohn aber blieb kaum stehen, grinste mich stolz an und meinte: “Wir sehen uns dann zu Hause”.
Er liess mich mit offenem Mund zurück. Und wackelte von dannen.
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Auch für die Tränendrüse: Oh, Baby – ein Text für meine Tochter oder Das letzte Mal – Abschied vom Einzelkind
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Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 27. April 2018 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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