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Kolumne

Markus Tschannen wechselt wieder Windeln: Erste Wochen mit Baby-Kung-Fu und Zahnfee

Nach sechs Wochen mit Augenringen, Rückenschmerzen und Kotzbröckchen ist es da: das erste Lächeln. Mit Neugeborenen ist es wie beim Wintersport und der Abfahrt als Belohnung. Mir wird klar, was unsere grösste Herausforderung der nächsten Jahre wird.

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«Ich glaube, es zahnt schon», meinte meine stillende Frau vor ein paar Tagen mit Angsttränen in den Augen. Eine kurze Kontrolluntersuchung mit der Taschenlampe zeigte: falscher Alarm. Eh ja, Tertius ist auch erst sechs Wochen alt.

Aber überraschen täte es mich nicht, wenn der Zahnschmelz bald aus des Babys Antlitz blitzen würde. Auch Tertiens Geschwister zahnten bereits kurz nach der Geburt. Und sie tun es immer noch.

Der Brecht hebelte sich diese Woche gleich drei Backenzähne aus der Kauleiste, Beebers verlor derweil im Schlaf einen Schneidezahn. Die Nummer 82, für die Fachkundigen unter euch.

In meinen dunkelsten Stunden liebäugle ich mit einem Hausbrand, der diese Ekelschatulle mit Haaren, Zehennägeln und allen bisher verlorenen Zähnen vernichtet.

Die Zahnfee kommt bei uns nicht. Zumindest nicht die spendable, die einen stattlichen Batzen unters Kissen legt. Eher die genervte, die in der Nacht mit der Flachzange nachhilft, wenn der Zahn schon seit Tagen nur noch an einem Faden hängt und sich das Kind aus Angst vor Blut keine feste Nahrung und kein Zahnbürstchen mehr ins Maul führen kann.

Zusätzlich reinigt unsere Zahnfee anschliessend das abgestossene weisse Gold für das Kabinett des Grauens, das sich beide Kinder in einem kleinen Kästchen aus ihren abgefallenen Körperresten zusammenarchivieren. Haare, Zehennägel und eben auch alle bisher verlorenen Zähne.

In meinen dunkelsten Stunden liebäugle ich mit einem Hausbrand, der diese Ekelschatulle vernichtet, aber die Kinder würden sie vermutlich als ihren «einzigen zu rettenden Gegenstand» auserwählen. Ach, ich schweife ab.

(Sch)Windelerregende Hochrechnungen

156 neue Zähne dürfen wir mit drei Kindern insgesamt begrüssen und im besten Fall exakt 60 davon wieder verabschieden. 216 zahnbedingte Einzelereignisse, die von mehr oder weniger Drama begleitet werden. Mit Tertius haben wir auf einen Schlag gleich 72 zusätzliche solche Ereignisse ins Haus geholt.

Man muss sich manchmal mit Zahlen vergegenwärtigen, wie folgenschwer so ein Kinderwunsch ist. «Ein Drittes wäre noch härzig» bedeutet auch geschätzte 6500 bis 11’200 Windeln, die wir in den kommenden Monaten wechseln werden – einige an unmöglichen Orten, unter unwürdigen Bedingungen und wüstem innerlichem Fluchen.

Diese Windeln allein werden etwa 1500 Franken kosten. Die nötige Therapie, um das Erlebte wieder zu vergessen, ein Mehrfaches davon.

Ja, Kinder sind ein höllischer Aufwand. Aber nein, das wird hier für einmal kein Jammerbeitrag. Ich werde mich nicht wie noch vor Tertië Geburt unsicher fragen, ob der Entscheid fürs dritte Kind wirklich der richtige war. Die Unsicherheit ist restlos verflogen.

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Das Baby liegt jetzt da und selbst wenn es ein Zurück gäbe: Nie mehr im Leben möchte ich auf dieses speckige Rollschinkli verzichten. Es kann noch keine Tricks und trotzdem könnte ich ihm stundenlang zuschauen, wie es auf dem Wickeltisch (seinem Kraftort) unkontrolliert fuchtelt.

Dieses hypnotisierende Baby-Kung-Fu und das Gesichtchen, das fasziniert auf eine weisse Wand oder einen Schrankgriff starrt, machen einfach glücklich. Klar, aus «stundenlang» wird dann meistens nichts, weil zwei andere Kinder danebenstehen, Hunger haben, sich streiten oder mir drölf Zettel aus der Schule hinstrecken, die ich unterschreiben muss.

Aber selbst diese beiden Kapuzineräffchen habe ich noch nie auch nur eine Sekunde bereut. Es ist wie Wintersport: teuer, viel Aufwand, man schwitzt oder friert ständig, immer ist irgendein Kleidungsstück nass, aber für die kurzen Momente der Abfahrt lohnt sich alles.

Die Abfahrt, das sind im Familienleben die kleinen Momente purer Freude. Tertius hat jetzt angefangen zu lächeln und ich will ja nicht kitschig sein, aber meine Güte, wie sehr schmilzt mein sonst so nüchternes Herz. Das erkaufe ich mir gerne mit Augenringen, Rückenschmerzen und Kotzbröckchen am Revers.

Wenn ihr die ersten beiden nie bereut habt, werdet ihr das Dritte ziemlich sicher auch nicht von der Wochenbettkante stossen.

Im Umfeld werde ich oft gefragt: «Und, wie läuft’s bei euch zu fünft?» Was soll ich sagen: «Dreckig, wenn man es objektiv betrachtet.» Körperlich und auch emotional gibt’s Tiefen. Aber wenn ich einen Schritt zurück mache (um das ganze, schon etwas dicke Baby im Blickfeld zu haben), dann muss ich sagen: «Es ging mir nie besser!»

Deshalb hier ein Tipp an alle Eltern von zwei Kindern, die sich unsicher sind, ob es wirklich noch ein drittes geben soll – so wie wir es noch vor einem Jahr waren: Ich kann für nichts garantieren und übernehme keine Haftung und ohne vorherige Besichtigung auch keine Patenschaft. Aber wenn ihr die ersten beiden nie bereut habt, werdet ihr das Dritte ziemlich sicher auch nicht von der Wochenbettkante stossen.

Natürlich ist jede Elternschaft anstrengend. Und auch mit dem dritten Kind warten viele Herausforderungen. Wenn ich Tertius so anschaue, dann weiss ich genau, was unsere grösste Herausforderung der nächsten Jahre sein wird: nicht noch ein viertes Kind zu machen.

Markus Tschannen, Autor, Kolumnist, mal ehrlich - "Markus Tschannen ist nie ganz fertig"

Autor

Markus Tschannen ist Mediensprecher im Tourismus, Kolumnist für Familienthemen und Hobby-Holzfäller. Er lebt mit seiner Frau, Beebers (6) und dem Brecht (11) in der Nähe von Bern. Im Herbst 25 kam sein jüngstes Kind Tertius (0) zur Welt. Seit zehn Jahren schreibt Markus regelmässig über das Familienleben, unter anderem für den inzwischen eingestellten Mamablog und Papablog des Tages-Anzeigers. Man findet ihn als @souslik auf Bluesky und als @instantsouslik auf Instagram.


Informationen zum Beitrag

Veröffentlicht am 7. November 2025.

Die Kolumne «Markus Tschannen wechselt wieder Windeln» erscheint einmal im Monat.


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