«Mein Partner und ich treffen uns mit anderen Männern für Sex»
Unser Hobby als Paar sind Dreier mit anderen Männern, manchmal gehen wir auch in Swinger-Clubs. Erst nach der Geburt der Kinder fing es an, kompliziert zu werden.
Als wir uns kennenlernten, kam ich direkt aus einer längeren Affäre. Mein Mann meinte deshalb, ich sei in Sachen Sex sehr offen. Dabei war ich eher der Meinung, ich sei jetzt bereit für den sicheren Hafen.
Er ist mehr der südländische Typ, sehr leidenschaftlich. Zudem ist er fünfzehn Jahre älter als ich. Ich glaube, er hatte von Anfang an die Voraussicht, dass man das Feuer nähren muss.
Er fragte mich immer wieder, ob wir uns nicht mit anderen Männern zum Sex verabreden wollten. Bis ich schliesslich bereit war für ein erstes solches Date und für Sex mit einem anderen Mann.
Mein Partner ist hetero und fühlt sich nicht zu gleichgeschlechtlichen Menschen hingezogen.
Ich glaube, der Reiz besteht für ihn vielmehr darin, dass er mich in erotischen Situationen erlebt und weiss: Ich gehöre letztendlich zu ihm.
In der Zeit, bevor wir Kinder hatten, lernten wir einen Mann kennen, eine Art Hausfreund, der einmal die Woche zu uns kam. Von da an machten wir es immer so, dass wir jemanden für längere Zeit suchten. Was für uns ideal wäre, ist aber gar nicht so einfach. Die Chemie und die Vorstellungen müssen übereinstimmen für etwas Längerfristiges. Also gab es immer wieder Wechsel.
Wie ein gemeinsames Hobby
Die meisten Leute denken, wir seien ein langweiliges Paar ohne gemeinsame Interessen. Dabei ist der Sex mit anderen Partnern für mich und meinen Mann wie ein gemeinsames Hobby. Für uns als Paar sind die Treffen definitiv eine Ressource.
Wir verbringen viel Zeit mit Planung und Vorfreude. Wir sprechen oft darüber, kontaktieren potenzielle Sexpartner und schreiben hin und her. Wir kaufen Kleider für das Treffen, meist Unterwäsche.
Wir erleben gemeinsam das Prickeln vor dem ersten Date, an dem wir herausfinden, ob die Chemie stimmt oder nicht.
Wir lassen neue Menschen in unser Leben und das macht uns lebendig.
Oft treffen wir Männer, die verheiratet sind und noch etwas mehr wollen. Sie haben das Gefühl, das ist eine sichere und paradoxerweise die treuste Möglichkeit fremdzugehen, weil wir ja schon ein gefestigtes Paar sind.
#daschamebruuche aus unserem Concept Store
Mit Kindern wurde die Sache komplizierter
Als wir uns Kinder wünschten, legten wir diese Treffen mit anderen Männern erstmal auf Eis. Während der ersten Schwangerschaft und bis nach der zweiten Geburt hatten wir keine Kontakte mit anderen Sexpartnern. Das war für mich eigentlich sehr okay.
Ich ging sehr in der Mutterschaft auf, habe lange gestillt und war voll im Mami-Modus.
Nach dem zweiten Kind wurde der Alltag anstrengender und durchgetakteter. Ich empfand wieder den Wunsch nach dem abwechslungsreichen Sexleben, das uns als Paar immer viel gegeben hatte.
Jetzt als zweifache Mutter war ich auch selbstbewusster geworden. Ich ergriff selber die Initiative, schrieb selber mit potenziellen Partnern.
Das hatte davor mehr mein Mann übernommen.
Ich sagte auch aktiver, was mir passte und was nicht. Ich lernte im Moment des Kennenlernens offener zu sein und abzubrechen, wenn ich keine Anziehung verspürte.
Das Ganze gab mir immer viel, wenn wir die richtige Person fanden. Vor den Kindern hielten wir unsere sexuellen Gewohnheiten geheim.
Jetzt mussten wir uns die Freiräume für unsere Treffen auch aktiver erarbeiten. Wir suchten eine Babysitterin für unseren gemeinsamen freien Tag. Wir konnten ihr aber nicht sagen, was wir genau unternahmen.
Da fing es an, mich zu stören, dass unser Sexleben so tabu war.
Es ist auch etwas anderes, wenn man diesen Lebensstil als Eltern beibehält. Moralisch hat man das Gefühl, man vernachlässigt die Kinder, obwohl es überhaupt nicht so ist.
Für mich war das Verstecken eine Belastung. Mein Mann fühlte das weniger, wollte es aber auch niemandem erzählen, während ich das Bedürfnis spürte, es wenigstens im engsten Umfeld zu teilen.
Wenn man sich doch verliebt
Vor einigen Monaten lernten wir einen Single-Mann kennen, der geschieden war und dadurch emotional sehr verfügbar. Da kam ich zum ersten Mal ins Straucheln, weil ich mich auch emotional auf ihn einliess. Wir schrieben sehr viel, es war sehr stimmig. Gesehen haben wir uns nicht so oft, ähnlich viel wie mit anderen Sexpartnern.
Ich entwickelte starke Gefühle für ihn, und für meinen Mann war diese Zeit schwierig. Er liess es aber laufen. Tendenziell ist er so, dass er der direkten Kommunikation eher aus dem Weg geht. Ich habe öfter das Gespräch gesucht, und mit der Zeit konnten wir alles klären und uns unsere Bedürfnisse mitteilen.
Der andere Mann beendete dann die Beziehung zu mir oder uns, weil er sich doch wieder in eine feste Partnerschaft wünschte. Auch hier war es schwierig für mich, mit niemandem darüber zu sprechen.
Ich hatte Liebeskummer, hielt aber nach aussen hin den Schein einer glücklichen Familie aufrecht.
Ich könnte mir vorstellen, dass wir unsere Beziehung mehr öffnen, nicht nur sexuell, sondern auch emotional ausserhalb der Paarbeziehung Partner:innen haben.
Aber es ist auch eine Frage der zeitlichen Ressourcen und der Energie. Wir haben kleine Kinder und können uns nicht unbegrenzt mit anderen Partnern treffen. Trotzdem braucht man auch etwas für sich, das einem Freude macht.
Aktuell treffen wir uns wieder mit einem Mann, der ist aber primär mit meinem Partner in Kontakt, schreibt immer nur ihm, ob wir nächste Woche Zeit haben. Wir treffen uns, aber sonst findet kein weiterer Austausch statt.
Das finde ich manchmal schwierig, für mich ist der freundschaftliche Aspekt wichtig.
Ich finde es schön, wenn die andere Person bei uns ein- und ausgeht, eine Vertrautheit entsteht.
Aber das birgt dann auch das Risiko, dass zu viel Nähe entsteht, wie es mit dieser intimeren Beziehung vor ein paar Monaten passiert ist.
Im Swinger-Club bin ich keine Aussenseiterin
Die meisten sexuellen Erfahrungen haben wir uns privat über eine einschlägige Website organisiert. Das hat auch meistens gut gepasst. Der Reiz, in einen Swinger-Club zu gehen, war für mich auch immer da. Irgendwann probierten wir das aus.
An solchen Orten spürte ich von Anfang an: Alle sind grundsätzlich offen und positiv. Ich habe mich repräsentiert gefühlt und als Teil davon.
Ich merkte in diesem Umfeld, ich bin angenommen, anders als sonst in der Gesellschaft.
Ich komme aus einer sehr offenen Familie, in der Gleichberechtigung gelebt wird. Doch das Freiheitsdenken erstreckt sich nicht bis zur Sexualität der Frau. Sie soll nicht unterdrückt sein, aber sollte sich auch nicht zu frei ausleben.
Je länger, je mehr hat mich das Geheimhalten auch belastet. Deshalb fühle ich mich im Club so wohl, weil ich davon ausgehen kann, dass viele meine Ansichten zu Sexualität teilen.
Es ist so schön zu sehen, wie viele verschiedene Menschen aus allen Altersstufen sich da bewegen. Menschen, die man am Elternabend, im Quartier oder bei der Arbeit antreffen könnte. Es gibt mir das Gefühl, total normal zu sein.
Ich möchte offener darüber reden, aber wie?
Es gibt ja Paare, die ihr unkonventionelles Modell offen leben. Aber die meisten haben keine Kinder.
Würden wir das offener kommunizieren, würde dies den Blick auf uns verändern. Über Sexualität spricht man ja nicht, auch konventionelle Paare tun das nicht.
Wir betrügen auch niemanden. Wieso müssen wir uns komplett verstecken? Wir leben das verantwortungsvoll und untereinander transparent, aber trotzdem wird eine Familie, in der ein:e Partner:in den anderen betrügt, als normaler angesehen, als das, was wir leben.
Ich schäme mich nicht dafür, aber ich weiss, es wirkt auf Menschen abstossend. So ist die Hemmschwelle gross: Wieso sich unnötig exponieren?
Wir bleiben in diesem Geheimnis gefangen.
Informationen zum Beitrag
Veröffentlicht am 3. Dezember 2024
1x pro Woche persönlich und kompakt im mal ehrlich Mail.