Tipps für Familien-Ausflüge in der Schweiz: Schiffli fahre ufem See…
Kinder lieben Schiffe – und die Schweiz hat viele tolle Seen zu bieten. Kleine Seen eignen sich besonders gut für entspannte Ausflüge. Wir haben’s getestet.
«Puup, puup!» So tönt es oft in unserem Garten. Dort steht nämlich ein grosses Dampfschiff aus Holz, momentanes Lieblingsspielzeug des Dreijährigen. Und auch meins, weil er damit locker mal 15 Minuten am Stück alleine imaginär rumdampft – yay, Pause!
Mehrmals täglich und bei jedem Wetter macht er mit dem Schiff eine Ausfahrt und imitiert voller Inbrunst das Horn. (Sorry, liebe Nachbarn. Aber ihr könnt meinem Mann danken, dass wir keine Glocke gekauft haben… ich dachte nämlich nicht an die lärmigen Konsequenzen.)
Ausflüge mit dem Schiff sind famos. Auf Zürichsee und Vierwaldstättersee waren wir schon und haben die Fahrten auch genossen – allerdings herrschte jeweils reger Betrieb. Touristen überall, kaum Schattenplätze, und unser Buggy stand immer irgendwem im Weg. Auf den grossen Schweizer Seen ist viel los, drum haben wir mal kleinere Seen auf Familientauglichkeit getestet.
Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
Greifensee: klein, aber wohooo!
Wir sind zu früh. Zu früh! Für Eltern ist es ja ohnehin jeweils ein kleines Wunder, wenn der Zeitplan picobello aufgeht. Für den Kleinen ist es diesmal ein Jackpot: Wir sind eine Viertelstunde zu früh auf dem Schiff und können vor der Abfahrt kurz gucken, wie der Führerstand des Kapitäns aussieht. Dann muss sich der Boosführer aber konzentrieren, und wir ergattern einen Schattenplatz und bestaunen die Natur rund um den Greifensee. Wälder, Wiesen, Schilfgürtel, Badeplätzchen… eine Oase, gar nicht weit weg von Zürich.
Die Rundfahrt Maur – Fällanden – Greifensee – Niederuster – Möchaltorf – Maur dauert 80 Minuten. Immer wieder meldet sich der Kapitän zu Wort und erzählt ein paar Dinge über den Greifensee, dessen Tierwelt oder Umgebung. Hier wirkt alles persönlich, nicht gehetzt, extrem kinderfreundlich – total entspannend! Es reizt uns zwar, am einen oder anderen Steg auszusteigen, etwa im idyllischen Greifensee mit dem Schloss direkt am Ufer. Aber wir wollen auch nichts verpassen, und am Samstag findet die Rundfahrt jeweils nur einmal statt.
Gegen Ende der Fahrt mag der Bub nicht mehr in die Ferne staunen und wird zapplig – aber dann finden wir die Dampfer Zeitung, yay! Er blättert hingerissen, während ich einfach mal zurücklehnen und die Aussicht wirken lassen kann. Dabei entdecke ich ganz viele Badeplätze oder andere schöne Flecken, die wir uns hier mal noch genauer ansehen sollten. I’ll be back.
Um den Greifensee kann man auch spazieren oder ihn mit Velos und Inlineskates umrunden. 18 Kilometer beträgt die gesamte Strecke. Yep, zu viel für kleine Kinder. Aber dafür gibt es ja zum Glück die gut um den See verteilten Schiffstationen.
Infos zur Schifffahrts-Genossenschaft Greifensee gibt es hier.
Und hier ganz viele Möglichkeiten für Aktivitäten.
Lac des Brenets: gefüllt vom höchsten Wasserfall des Juras
Anna und Mattis sind mit ihrem Sohn viel unterwegs – und manchmal auch für uns. Ihr zweites Zuhause ist ihr Van, und wenn der Kalender es zulässt, sind sie unterwegs, meist in Richtung Berge. Wo Berge sind, gibt es oft wunderschöne Bergseen und wenn man Glück hat auch einen Wasserfall. Dem Kleinen gefällt es im Jura & Drei-Seen-Land super, denn: Es gibt beides! Der See (in diesem Fall der Lac des Brenets) überrascht aufgrund des Namens der Region nicht so, der höchste Wasserfall des Juramassivs (Saut du Doubs) hingegen umso mehr.
In Les Brenets steigen die drei aufs Boot und lauschen dem Kapitän, der über den Stausee spricht. Für ungeduldige und rastlose Kinder ist die Fahrtlänge von etwa 15 Minuten zum Saut du Doubs ideal, danach folgt ein kleiner Spaziergang zum Wasserfall. Die Pause reicht für den entspannten Weg, Staunen ab der Wassermengen und noch ein Glacé – der Fahrplan ist familienfreundlich! Nach dem Beine vertreten freuen sich alle auf die Rückfahrt und die Aussicht vom Schiff.
Alle Infos zur Schifffahrt gibt es hier und hier.
Und noch ein Hinweis: der Ausflug ist gratis mit der Neuenburg Tourist Card.
Hallwilersee: viele Bojen und ein Schloss
«Was ist das? Und das? Und das?» Diese Frage höre ich gefühlte 100’000 Mal. Und sage «Eine Boje. Noch eine Boje. Wieder eine Boje.» Ab und zu sage ich auch: «Ein Elefant.» Um zu testen, ob der Kleine meine Antworten überhaupt noch hört – tut er.
Und natürlich bestaunt er auch alles andere, was es bei einer Schifffahrt auf dem Hallwilersee zu erspähen gibt: Sanfte und wenig zugebaute Hügelzüge, viel Wald- und Wiesengrün , Wasser- und Himmelblau, die flatternde Schweizer Fahne am Heck der «Seetal», Schwäne und Enten an den Uferzonen, vereinzelte Segelschiffe, lauschige Bootshäuschen, verlockende Restaurants mit Terrassen an den Anlegestellen…
Eineinviertel Stunden geht die Rundfahrt Meisterschwanden Delphin – Seengen – Birrwil – Beinwil am See – Meisterschwanden Seerose – Meisterschwanden Delphin. Eine ideale Dauer für eine Schifffahrt mit einem Kleinkind. Langweilig wird es nie, neben dem Rumstaunen und Fragenstellen muss natürlich auch dem Motor gelauscht, das WC inspiziert und ein Glacé verputzt werden.
Nach dem Aussteigen locken dann der Kieselstrand und die Wellen in der Nähe der Station Delphin. Eigentlich wäre ich gerne noch zum Schloss Hallwyl spaziert, habe extra den Buggy dabei, weil es ab Meisterschwanden eine Stunde Fussweg dem See entlang ist. Aber auf einem Bänklein sitzen, den kugelrunden Bauch in die Sonne halten und dem Kind beim Kieselsteinchen-Weitwurf zusehen, ist dann irgendwie auch grad schön.
Das Schloss Hallwyl kennen wir ohnehin schon, für Familien ist es super geeignet, weil nicht allzu gross und überlaufen, und regelmässig finden spezielle Aktivitäten für Kinder statt. Das Wasserschloss kann man übrigens auch via Schiffstation Seengen innert zirka 10 Minuten zu Fuss erreicht. Okay, mit Kinder-Trippelschrittchen dauert es etwa 10 Minuten länger… oder 60 Minuten länger, falls überall unterwegs spannende Steinchen, Käferchen, Blättchen liegen. Ihr kennt das.
Infos zur Schifffahrtsgesellschaft Hallwilersee gibt es hier.
Und übrigens: Das Seetal ist auch ein Drachental.
Walensee: Bergzauber und Spielplausch
Meine Schwester hat ebenfalls kleine Schifffahrt-Fans – einen davon muss man permanent am Hosenbein festhalten, damit er vor Neugier oder Übermut nicht über Bord geht. Auf dem Walensee geniesst die Familie den Blick auf das Bergpanorama mit der Churfirsten-Kette, ein mildes Lüftchen und das an diesem Tag recht ruhige Wasser.
Eine knappe Stunde fahren sie von Weesen bis Au, dann hat das Hosenbein-Festhalten und Rumstaunen vorerst ein Ende. An der Station Au gilt es, wenige Treppenstufen zu überwinden, danach ist der Spazierweg in Richtung Quinten kinderwagentauglich. Unterwegs gibt es eine hübsche Brätelstelle, in Quinten aber auch Restaurants, das Schifflände etwa mit einer Terrasse direkt am See.
Ein voller Magen will geschaukelt werden, drum geht’s nochmals ab aufs Schiff, 25 Minuten von Quinten nach Betlis. Dort hat es eine Feuerstelle und eine Burgruine. Auch ein Ausflug zum Wasserfall lohnt sich, besonders für leidenschaftliche Schatzsucher. Der Umweg zum Wasserfall dauert zu Fuss aber etwa 30 Minuten und ist für die Testfamilie zu weit.
Denn für den Fussweg nach Weesen benötigt man auch schon eine Stunde – auf einem kinderwagentauglichen Weg, mehrheitlich ist die Strecke sogar geteert und nur spärlich befahren, gut geeignet für Kinder mit Kickboards oder Inlineskates. Dass der Spazierweg ein paar Mal durch Felstunnels oder -tore führt, findet vor allem der Vierjährige schaurig schön. Und in Weesen gibt es dann ein Glacé und einen tollen, aber an diesem Feiertag auch tätschvollen Spielplatz.
Apropos Spielplatz: An jeder Anlegestation hat es einen, das Spielerlebnis Walensee verbindet sechs Themenspielplätze rund um den See mit der Schifffahrt – das ist der grösste Themenspielplatz der Schweiz. Worum es bei diesem Spielerlebnis geht? Um eine spannende Geschichte, die Kinder hautnah miterleben können: Mara machte sich auf langweilige Ferien am Walensee gefasst. Doch dann stösst sie auf die Legende von einem versunkenen Geisterschiff. Zusammen mit ihrem neuen Freund Jonas beginnt eine abenteuerliche Suche.
Infos zum Schiffsbetrieb Walensee gibt es hier.
Eine Velo-Schiff-Tour am-auf-dem-Untersee (Bodensee)
Untersee? Jo, welle jetzt? Rebecca turtelt im Thurgau am Untersee, dem kleinen Bruder des Bodensees. Genau genommen am Rheinsee, von Kreuzlingen bis nach Stein am Rhein. Und weil es ihr dort so gefällt, ist sie mehrmals im Jahr auf dieser Strecke zu finden. Mit Velo, Velo-Schiff-Kombi oder auch ganz gerne nur Schiffli fahre. Dokumentiert hat sie eines dieser Türli für Thurgau-Bodensee-Tourismus.
Startpunkt ist Steckborn mit dem Velo, weil noch alle ausgeschlafen sind und kräftige Beine haben. Aber die Richtung ist egal. Auch die Strecke von Stein am Rhein nach Steckborn oder für geübte Velofahrer:innen von Stein am Rhein nach Kreuzlingen ist zu empfehlen.
Die verkürzte Etappe der Familienroute (Steckborn – Mannenbach – Gottlieben – Kreuzlingen) bietet nebst der Aussicht auf den See verschiedene herzige und idyllische Rast- und Badeplätze, Grillstellen und Spielplätze. Und spätestens im Seeburgpark in Kreuzlingen mit grossem Spielplatz, Wasserplausch und Tierlis glänzen alle Kinderaugen.
Aber das wirkliche Highlight steht erst noch bevor: Die Schifffahrt zurück. Mit Velo zahlt man extra, aber dafür wird es nach Zielort parkiert, damit es beim Ausstieg nicht zu einem Velo-Such-Gewühl kommt. Danach suchen wir uns einen Sitzplatz, natürlich im Schatten, aber mit dem Wind in den Haaren auf dem Oberdeck. Achtung: Bei hohem Wasserstand muss das Schiffdach unter der Brücke etwas eingezogen werden. Da kann nichts passieren, aber ein Erlebnis ist es allemal.
Nun fährt das Schiff im Zick-Zack-Kurs, zwischen Schweiz und Deutschland, und wir lassen die Velo-Strecke Revue passieren. Die Sicht vom See aus gibt nochmals komplett andere Eindrücke. Die kleineren Gäste unter uns sind mit Winken beschäftigt: den Gummibötli, den Segelschiffen, den Motorbooten und den Zollschiffen (!). Als der Kapitän «Nächster Halt: Steckborn» ausruft, holen wir unsere Velos im Bug und gehen vom Schiff. Mächtig stolz über das Erlebte, aber mit bizz weichen Beinen vom Pedalen-Treten, natürlich!
Infos zum Schiffsbetrieb Untersee und Rhein gibt es hier.
Spezielle Aktivitäten auf dem Schiff auf anderen Schweizer Seen
Spielschiff oder Märlischiff auf dem Ägerisee
Globi-Kinderparty auf dem Thuner- und Brienzersee
Full Disclosure: Die ersten vier Ausflüge durften wir gratis unternehmen und für diesen Beitrag erhalten wir ein Honorar. Wer Any Working Mom kennt, weiss: Wir sagen und schreiben immer unsere persönliche Meinung – #malehrlich halt.
Autorin
Anja Knabenhans ist die Chefredaktorin von Any Working Mom. Sie war viele Jahre als Journalistin bei der NZZ und macht heute ihr eigenes Ding mit der ding ding ding GmbH. Während sie beruflich ihre Freude am Tüpflischiss auslebt, zelebriert sie daheim gern das Chaos – als Mutter von zwei Kindern bleibt ihr auch nicht viel anderes übrig.
Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 13. Juni 2018 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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