Meine Freunde kriegen Kinder: ein Jammersermon
Wenn die Freunde Kinder kriegen. Gastautor Rafi Hazera (Zukkihund) über Helikopter-Eltern, Gaggikonsistenz und die besten Babynamen zum Nachmachen.
Wenn Freunde Kinder kriegen, ist das ja meistens eine schöne Sache. Meistens. Was sich für uns kinderlose Freunde dabei ändert. Ohne Wertung. Rein beobachtend. Okay, es ist wertend. Ein Jammer-Sermon.
1. Willkommen in der Horrorshow der Kindernamen
Dein Kühlschrank ist jetzt voller Geburtsanzeigen. Die komplette Überforderung durch die schiere Menge an krampfhaft kreativen Kärtchen wird nur von den noch schlimmeren Namen/Strafen getoppt.
«Hauptsache speziell» scheint die Devise der frischgebackenen Eltern zu sein. Und so blinzeln Dich bald Schagglin Schawandra Baumann und Romano Debilo Emmenegger von Deinem Kühlschrank an und Du vermisst «Hanspeter» und «Vreni».
Nach zwei Wochen werden die Kärtchen, der eigenen Psychohygiene zuliebe, denn auch wieder abgehängt. Nur um sie panisch wieder herauszukramen, wenn die Eltern mit ihrer gebrandmarkten Lendenfrucht schnell zum Zvieri reingüggseln und die kleine Appletree Flötina-Schuhlöffelpistole Schubiger die soeben im MuKi-Turnen erlernten Übungen vorführt.
Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
2. Deine Freunde sind jetzt immer müde
«Wie geht’s?»
«Müde.»
Irgendwann hörst Du auf, Dich nach dem Wohlbefinden zu erkundigen und Du fragst gleich: «Bierchen?».
3. Deine Freunde tauchen ab
Macht’s gut. Wenn Du selber keine Kinder hast, wirst Du Deine Freunde jetzt einige Jahre nicht mehr sehen. Trick: Miete Kinder für einen Tag, damit Du Deine Freunde wenigstens auf dem Spielplatz treffen kannst:
4. Und wenn du deine Freunde dann mal triffst, geht’s nur ums Kind
Die Monothematik wiegt schwer. Das Universum dreht sich neu einzig um das Kind. Dies manifestiert sich aber nicht nur bei den kinderlosen Freunden, sondern auch in der Öffentlichkeit.
Im Tram beispielsweise, wenn wütende Jungmütter bei ins Handy versunkenen Menschen lautstark ihren Zwillings-Kinderwagen-Platz einfordern. Um 17:30 Uhr wohlbemerkt.
5. Sicherheit geht jetzt vor
Hunde(-Besitzer) sind jetzt der Feind. Die Väter verkaufen ihren Töff und ohne Helm geht’s auch nicht mehr aufs Velo. Der flippig-lässige Golf GTI von 1995 tut’s plötzlich auch nicht mehr, weil die Airbags fehlen. Möbelkanten werden abgeklebt, Steckdosen mit Sicherheitsdingsbums zugemacht und für Ylandria-Spaghettina gibt’s nur noch Leuchtkleidung. Schon in der Krippe. Krippenleuchtkleidung.
6. Alles muss jetzt praktisch sein
Vorbei die Zeiten der Designkleider. Die Prada-Tasche würde eh nur mit Milch vollgekotzt. Nuggi/Schalldämpfer immer in Reichweite. Schlabberpulli muss reichen. Am besten Ton in Ton mit dem Grau der Augenringe. Kurz: Deine Freunde laufen rum wie die letzten Penner. Aber jetzt nicht mehr hipsterig-ironisch gemeint, sondern wirklich.
Dachte übrigens schon, ich hätte eine tolle Geschäftsidee gehabt: Kleidung mit Babykotze-Design aufgedruckt. Dann kannst Du immer sagen, es sei eben «witzig» gemeint. Kurz gegoogelt. Gibt’s natürlich schon:
7. Das neue Social-Media-Verhalten deiner Freunde
Du siehst deine Eltern-Freunde zwar nicht mehr persönlich, aber online sind sie plötzlich hyperaktiv. Und schon bald lernst Du unfreiwillig, dass Zucker ein Kind quasi auf der Stelle tötet. Zudem, dass die Kreuzung im Quartier wirklich mal sicherer gemacht werden müsste und Du doch bitte auch die Online-Petition unterschreiben solltest.
Das Ganze garniert mit rund 40’000 Kinderfotos pro Tag:
Paul_am_See.jpg
Paul_im_Wasser.jpg
Paul_isst_Glace.jpg
Paul_schlägt_Remo.jpg
Remo_weint.jpg
Paul_lacht.jpg
Remo_schlägt_Paul.jpg
Alle_weinen.jpg
8. Kinderlose haben grundsätzlich keine Ahnung
Wage als Kinderloser bloss keinen Verbesserungsvorschlag in Bezug auf das Kind! In den Augen junger Eltern sind alle Nicht-Eltern wie Jon Snow, wissen gar nichts und können sich nicht im Entferntesten vorstellen, was es heisst, Kinder zu haben.
Und wenn man dann erwähnt, dass man ja auch nicht Lastwagenfahrer sein müsse, um zu erkennen, dass ein Fehler gemacht wurde, wenn der Lastwagen kopfüber im Strassengraben liegt, wird man gleich vor die Tür gesetzt, haha.
Samuel/Annette, wenn Ihr das lest, ruft mich an, ich hab’s nicht so gemeint. Und Rimbolfo ist ein schöner Name, auch wenn’s ein Mädchen ist. Sorry, dass ich zuerst laut rausgelacht habe. LG, R.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Rafi Hazera’s Blog «Hipsterlitheater» bei Watson.
Rafi Hazera ist Grafiker, Comedian, Zürcher und das Herrchen des Zukkihundes. Rafi ist extrem schön. Und auch weise. Das ist Allgemeinwissen. Und er hat den Text für dieses Kästli natürlich nicht selber geschrieben.
Wir von Any Working Mom finden ihn u lustig und werden ihm sicher noch unsere gesammelten Geburtskärtli im Nachhinein zustellen.
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Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 4. November 2017 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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