Advent, Advent – mein Lichtlein brennt bald aus
Die Vorweihnachtszeit ist vieles – aber NICHT besinnlich. Versucht man, allen Dekorations- und Backidealen zu entsprechen, hat Mutter bald ein Burn-out.
«Ho-ho-ho!», freut sich der Spielwarenhändler.
«Klingelingeling», flötet die Kasse.
«Fa la la la la, la la la la!», singt die Heilsarmee.
Und noch nirgends unterhalb von 1500 Metern rieselt der Schnee. Vielmehr ergiessen sich Sturzbäche von kalt-nassem Herbstregen auf die eingefallenen Kürbisse, die noch vereinzelt auf den Fenstersimsen stehen. Halloween: check. Räbeliechtli: check. Wir sind bereit für das nächste Fest:
Weihnachten kann kommen!
Selbstverständlich mag ich Rentiere – besonders verschüpfte mit roten Nasen – und dicke Samichläuse und Elfen. Warme Lichtlein, Glühwein und selbstgemachte Guetzli. Ich mag vor allem die Wärme, die wir alle mit Weihnachten assoziieren, die wir suchen, wenn es draussen so gruusig kalt ist.
Aber ich bin gestresst. Nichts von Besinnlichkeit in der Vorweihnachtszeit, und das ist jedes Jahr so. Projekte müssen noch im alten Jahr abgeschlossen werden. Freunde sollte man doch «in diesem Jahr» noch einmal sehen.
Auf den Räbeliechtliumzug folgt das Samichlaus-Suchen im Wald, und darauf die Aufführung im Kindergarten. Schnitzen, Einzahlen, Taschenlampe organisieren, Zwergenumhang nähen – meine To-do-Liste ist länger als der Wunschzettel vom Christkindli. Mein Lichtlein brennt bald aus.
#daschamebruuche aus unserem Concept Store
Stress lass nach!
Wäre ich perfekt (oder zumindest so, wie ich es eigentlich gerne wäre), würde ich mit viel Liebe und Stil unsere Wohnung weihnachtlich dekorieren, beiden Kindern einen individuellen Adventskalender basteln und ihn mit sinnvollen Spielsachen und zuckerfreien Snacks füllen. Ich würde sieben verschiedene Sorten Guetzli backen und den Teig dafür natürlich selber machen.
Für die Grosseltern, Göttis und Gotten kleine, praktische Geschenke basteln, die nach dem Auspacken keinen Wegwerfreflex, sondern Applaus auslösen. Für den Samichlaus würde ich mit dem Sohn ein Versli üben und mit beiden Kindern fröhlich mehrstimmig Weihnachtslieder singen. Und jesses, wo kriege ich heute noch einen Adventskranz her?
Das Wesentliche
Einiges davon werde ich vielleicht sogar hinkriegen. Und ich würde sogar alles schaffen, wenn Weihnachten im März wäre – aber dann hüpfen uns ja bereits wieder die eingeschmolzenen Nikoläuse als Schoggihasen um die Ohren.
Deshalb werde ich versuchen, mich aufs Wesentliche zu konzentrieren: die vorweihnachtliche Wärme.
Anstatt einem Mütter-Ideal entsprechen zu wollen, das mit meiner Realität wenig zu tun hat, aber mir auf Instagram und Facebook um die Ohren gehauen wird, versuche ich, eine «Oh du Fröhliche» zu bleiben.
Vielleicht wird es dann halt nur ein Blech voll Brunsli mit Teig aus dem Laden. Anstatt 48 Geschenkli aufzutreiben, verwende ich die Zeit lieber dazu, endlich auch die zweite Strophe von «Rudolph the Rednosed Reindeer» zu lernen und mit den Kids so häpp-chläpp zu singen. Und noch lieber hören wir irgendwo einem Weihnachtschörli zu, das das wirklich kann.
Und ich kippe dazu einen alkoholfreien Glühwein.
Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 26. November 2016 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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