Danke, Mami.
Warum ich meiner Mutter Danke sagen möchte. Nicht für saubere Wäsche. Nicht für warme Mahlzeiten. Sondern für ein Geschenk, das ich erst jetzt verstehen kann.

Danke, Mami.
Jahrelang schrieb ich diesen Satz – oft zum Muttertag – auf schöne Kärtchen. Dazu Blumen, Schokolade, früher eine Zeichnung. Ich sagte Danke für ein schönes Zuhause, freute mich über warme Mahlzeiten oder schöne Ferien.
Einmal im Jahr. An “Deinem” Tag, dem Muttertag.
Dass es damit nicht getan ist, dass keine Blumen, kein Haushaltsgerät oder pinke Finken mit dem Aufdruck “Supermom” den Wert der Betreuungsarbeit aufwiegen, die so viele Mütter jeden einzelnen Tag leisten – das ist klar.


Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
Dass ich trotzdem Danke sagen möchte, so richtig mit Nachdruck und aus tiefstem Herzen, hat einen anderen Grund. Denn obwohl ich duftende Bettwäsche und Teigwarenauflauf noch heute schätze, auch wenn ich froh bin, dass Du mir irgendeinmal beigebracht hast, wie man Hemden bügelt und Wollpullover wäscht – darum geht es nicht.
Danke, Mami. Für Deine bedingungslose Liebe, die ich seit meiner Geburt spüren darf. Ich habe sie sehr lange nicht verstanden. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, was sie bedeutet, geschweige denn, wie sie sich anfühlt für Dich.
Deine Sorgen, manchmal waren sie mir lästig, Dein Interesse an mir zu viel. Ich blockte ab. Deine Tränen vor meinen vielen Reisen tat ich ab mit: “Hier in der Schweiz kann ich auch unter einen Bus kommen.” Deine Angst, ich verstand sie nicht, fand sie übertrieben. Ich war unverwundbar.
Im Gegenteil zu Dir. Denn ich bin Dein grösster Schatz. Deine grösste, ewige Sorge. Deine Achillesverse.
Heute bin ich auch Mutter. Und ich verstehe Dich. Ich verstehe alles.

Die Tränen am Flughafen, immer wieder. Den ZS, als ich mit sechs alleine in den Wald abgehauen war. Die Essigsocken und das Kopfstreicheln. Die Überwindung, mich ein ganzes Jahr zu einer fremden Familie auf einen anderen Kontinent in ein Austauschjahr zu schicken. Deine Versuche, mir zu helfen, auch wenn mir nicht zu helfen war – durch tobenden Liebeskummer, Depressionen, Selbsthass. Ich verstehe heute, wie Du wohl mitgelitten hast.
Ich verstehe, warum Du auch heute noch ein SMS möchtest von Deiner beinahe 40-jährigen Tochter, wenn ich bei Euch losfahre und zu Hause angekommen bin.
Es macht alles Sinn, jetzt.
Und während ich selber zur verwundbaren Kriegerin geworden bin, zur Löwenmutter, die alles für ihre Kinder tun würde, ist es noch immer unbegreiflich, ja überwältigend, dass Du für mich fühlst, was ich für meine Kinder fühle.
Ein Geschenk, so geliebt zu werden.
Danke, Mami.
Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 11. Mai 2019 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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