VerDAMMt – Wenn der Dammriss nicht heilt
Eine Geburt geht nie spurlos an uns vorbei. Im Fall von Aline Mäder war es die Dammnaht, die sie noch lange nach der Geburt quälte und schlussendlich wieder ins Spital brachte.
[vc_row][vc_column][vc_column_text]»Ich muss nächsten Monat etwas operieren lassen. Ich bin dann ein paar Wochen krankgeschrieben.» Das sagte ich meinem Chef, meinen Arbeitskollegen und gefühlt der ganzen Belegschaft. «Oh, hoffentlich nichts Schlimmes?», hörte ich unzählige Male. Immer gut gemeint und wirklich besorgt.
Was aber antwortet man, wenn man nicht sagen möchte, warum – und vor allem an welcher Stelle – man operiert wird? Meine Standardantwort lautete: «Nein, nur noch etwas von der Geburt, das man operieren muss.» Männer gaben sich damit zufrieden und Frauen, die selbst Mütter sind, überlegten, was es wohl sein könnte.
Warum heile ich nicht?
Ich weihe Euch gerne in mein «Geheimnis» ein, denn mit meinem Problem bin ich sicher nicht alleine. Ich musste meine Dammnaht korrigieren lassen. Bei der Geburt unseres Sohnes hatte ich einen Dammriss. Und auch die Scheideninnenwand wurde verletzt.
Nach der Geburt bedeutete das: Nähen. Die Betäubungsspritzen schmerzten sehr. Doch ich war froh, als sie Wirkung zeigten. Denn trotz Überwältigung und unendlicher Liebe fiel mir direkt nach der Geburt auf, dass die Ärztin ziemlich lange nähte.
Ich weiss zudem noch, wie ich witzelte, dass sie mit ihrer roten Hose eine gute Wahl getroffen habe. Ton in Ton sozusagen. Da ich dort lange mit gespreizten Beinen liegen musste, fragte ich damals nach dem Grad des Risses. Sie meinte, der Dammriss sei zweiten oder dritten Grades, aber das heile sicher schnell.
In den ersten Tagen nach der Geburt waren die Schmerzen gross, die Glücksgefühle aber grösser. Mir war vorher nicht bewusst, wie oft die Naht kontrolliert werden würde – mehrmals täglich schaute jemand nach. Das Pflegepersonal meinte immer, dass «das da unten schon noch schlimm ausschaue».
Ich getraute mich erst zwei Wochen nach der Geburt, mit dem Spiegel meinen Damm zu betrachten.
Wir werden diesen Beitrag noch aufbretzeln für unsere neue Webseite. Drum sieht momentan nicht alles rund aus. Aber mal ehrlich: gut genug. Danke für deine Geduld!
Mein Intimbereich sah aus, als wäre er einmal durch den Fleischwolf gedreht worden.
Selbst jetzt noch war das Bild geprägt von roten und blauen Blutergüssen.
Ich konnte auch zu Hause lange nicht gut sitzen. Der Damm war durchgehend geschwollen und es fühlte sich an, als würde ich auf einer schmerzenden, prallen Blase sitzen, die jeden Moment platzen könnte. Es erstaunte mich schon ein bisschen, dass es anderen nicht so ging. Andere Mütter konnten viel schneller wieder normal sitzen oder sogar Fahrrad fahren. Jedoch versicherten mir alle, dass die Heilung gut verlaufe. Ich schluckte Schmerzmittel, damit sich nichts entzündete.
Haut, wo keine sein sollte
Bei der nachgeburtlichen Kontrolle sagte ich meiner Frauenärztin, dass es sich da unten irgendwie noch nicht richtig anfühle. Sie schaute nach und sah, dass sich Haut gebildet hatte, wo eigentlich keine sein sollte. Auf Anraten der Ärztin massierte ich dieses Häutchen fortan täglich für fünf Minuten. Wer in der Schwangerschaft Dammmassage gemacht hat, der weiss, dass es Angenehmeres gibt. Und zwar erst recht, wenn man ein Baby hat, um das man sich kümmern muss, und schon froh ist, wenn man mal duschen kann. Aber ich massierte konsequent und hatte Hoffnung.
Da ich niemanden mit dem gleichen Problem kannte, googelte ich nach Problemen mit der Dammnaht. Einige Frauen schrieben, dass man da halt einfach durch müsse. Andere meinten, dass sich das Problem mit der Zeit von alleine erledige. Öhm, ja. Aber wie, wenn ich nicht einmal einen Tampon einführen kann? Das Internet brachte mich nicht weiter und irgendwann im Herbst hielt ich es nicht mehr aus.
Ich machte einen Termin bei der Frauenärztin ab, und zum Glück nahm sie mich ernst. Sie untersuchte mich noch einmal und gemeinsam fanden wir heraus, was genau schmerzte. Ursprünglich war sie davon ausgegangen, dass sie nur ein kleines Häutchen wegschneiden müsste. Es stellte sich aber heraus, dass sie damals entweder zu eng genäht hatte oder dass meine Haut um den Damm nach dem Nähen «komisch» zusammengewachsen war.
Meine Vorstellung, dass das Problem mit meinem Damm mit ein paar Schnitten beseitigt werden kann, bestätigte sich leider nicht. Beim Gespräch nach der Untersuchung erklärte mir meine Ärztin, dass ein ambulanter Eingriff nicht möglich sei. Das Risiko einer Blutung sei zu hoch und es brauche einen Anästhesisten, der sich um die Betäubung kümmert.
Nächster Schritt: Operation
Was mit einem Dammriss und einer Dammnaht begann, endete also jetzt im Spital mit einer Operation. Ich meldete mich am Empfang und wurde ins Wartezimmer geschickt. Rund zehn Monate vorher hatte ich hier meinen Sohn zur Welt gebracht. Also in diesem Spital, nicht etwa im Wartebereich. (Obwohl: fast!).
Ich fragte mich natürlich nonstop, ob ich das wirklich machen sollte. Mich unters Messer legen, obwohl ich nicht lebensbedrohlich verletzt bin? Nein danke! Ich wusste aber auch, dass es nicht anders geht, falls ich irgendwann wieder Sex haben – geschweige denn ein weiteres Kind gebären möchte. Die Operation fand also statt. Unter Vollnarkose wurde der Damm korrigiert und ich durfte ein paar Stunden später nach Hause.
Zum Zeitpunkt der Operation stillte ich unseren Sohn noch. Entgegen den Internetmärchen versicherte mir die Anästhesistin, dass ich nur die ersten paar Stunden abpumpen und die Milch wegwerfen solle. Danach könne ich wieder normal stillen. Die ersten Tage nach der Operation waren okay. Immer noch ein bisschen high von der Narkose und den Medikamenten lümmelte ich vor mich hin und der Kleine wurde ausser Haus betreut. Bereits nach wenigen Tagen merkte ich, dass die Heilung schneller voranschritt als beim ersten Mal. Ich konnte viel schneller wieder sitzen und merkte, dass alles gut kommen würde.
Geflickt, bezahlt und erledigt
Die Nachkontrolle bestätigte mein Gefühl und ich kann heute sagen, dass ich wieder auf dem Damm bin. Nach sechs bis acht Wochen war mein Damm verheilt. Ich habe keine Schmerzen mehr und auch Sex ist wieder möglich. Es fühlt sich an wie vor der Geburt.
Die Rechnung für den Spitalaufenthalt kam ein paar Monate später. Leider sind solche Eingriffe nicht von der Franchise befreit und man kann sich gut vorstellen, dass eine Operation mit Vollnarkose so einiges kostet. In meinem Fall waren es über 2’000 Franken. Nichtsdestotrotz würde ich meine Dammnaht immer wieder korrigieren lassen. Die neugewonnene Lebensqualität ist es allemal wert.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]
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Update: Nochmals geboren, nochmals gerissen
Inzwischen habe ich ein zweites Kind bekommen. Da mein Sohn mit einer Hand neben dem Kopf zur Welt kam und (ohne Witz!) der Hebamme bereits den Finger hielt, obwohl erst der Kopf draussen war, ist der Damm erneut gerissen. Es wurde wieder genäht, aber die Heilung war dieses Mal komplett anders. Ich konnte schnell wieder sitzen und habe gemerkt, dass es gut heilt. Sieben Monate später kann ich definitiv sagen, dass alles wieder tiptop funktioniert.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]
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- Wie häufig treten Dammrisse auf?
Je nach Studie variiert das zwischen 40 und 60 Prozent. - Sind Dammschnitte noch immer ein Thema oder lässt man lieber reissen?
Ausser in besonderen Situationen sollte kein Dammschnitt gemacht werden. - Was sind die Vor- und Nachteile eines Dammschnitts?
Ein Dammschnitt hat nur einen Vorteil, wenn es eine echte Indikation dazu gibt. Sonst bestehen nur Nachteile: So zum Beispiel höhere Raten an hochgradigen Dammrissen (Schnitt reisst weiter), die Heilung dauert länger und es gibt häufiger Komplikationen bei der Heilung. - Bei welchen Anzeichen nach einem Dammriss oder -schnitt sollte man einen Arzt aufsuchen?
Bei anhaltenden Schmerzen, bei einem Druck im Dammbereich, bei Fieber und bei einer Wundheilungsstörung. - Was kann man machen, um einen Dammriss zu verhindern?
Es ist ratsam, bei der Geburt des Kopfes genau auf die Hebamme zu hören. Das kann unter Umständen natürlich sehr schwierig sein. Zudem kann man vor der Geburt den Damm dehnen, die Evidenz ist jedoch fraglich. - Wann kann man nach einem Dammriss oder -schnitt wieder Sex haben?
Grundsätzlich sollte das Ende des Wochenflusses abgewartet werden, was in der Regel 6 bis 8 Wochen dauert. Die Dammverletzung sollte verheilt sein und man sollte keine Schmerzen mehr haben.
Vielen Dank an das Kantonsspital Aarau für die Beantwortung unserer Fragen!
Informationen zum Beitrag
Dieser Beitrag erschien erstmals am 12. Juli 2020 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.
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