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Die vielen Gleichstellungshürden der Mütter

Am Weltfrauentag erinnert sich Michèle Widmer an eine hitzige Diskussion am Familientisch. Die Behauptung: Männer und Frauen sind längst gleichberechtigt. Sind sie das?

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Eine Mutter schaut ihrem Kind erschöpft zu, wie es Wäsche im Zimmer verteilt. - Zum Weltfrauentag: Sind Frauen längst gleichberechtigt?

«Männer und Frauen sind heute in der Schweiz gleichgestellt!» Bäng! Da war sie kürzlich, diese Aussage mit Sprengpotenzial. Und das am feierlich dekorierten Familientisch. Die Jüngsten waren bereits im Bett, am Tisch sass die mittlere und ältere Generation. Wir schenkten uns ein Glas Rotwein ein. 

«Wie war das genau, als wir klein waren?», lautete eine Frage. Oder: «War es für euch nie ein Thema, dass Mami mehr erwerbstätig sein könnte?» Es entstand eine rege und engagierte Diskussion über Gleichberechtigung früher und heute. Das Gespräch verlief erfreulich sachlich, wenn man bedenkt, wie schwierig es innerhalb von Familien sein kann.

Ich weiss gar nicht mehr genau, wie wir auf dieses Thema kamen. Ich weiss nur noch, dass ich mich sehr wohlfühlte in dieser gesprächigen Runde. Obwohl ich komplett anderer Meinung war. 

Gleichstellung. Was ist damit eigentlich gemeint? Und wie kann man ernsthaft davon ausgehen, dass sie heute erreicht sei?

Diese Fragen liessen mich nach der Diskussion nicht los.

Frauen dürfen in der Schweiz erst seit 1971 wählen. Erst seit 1988 ohne die Erlaubnis ihres Ehemannes ein eigenes Bankkonto eröffnen oder erwerbstätig sein. Vergewaltigung in der Ehe ist erst seit 1992 strafbar!

Ja, viele dieser krassen Diskriminierungen wurden über die Jahre beseitigt – einige davon reichlich spät. Formell garantiert die Schweizer Verfassung die Gleichstellung der Geschlechter. Diskriminierung im Erwerbsleben ist verboten. 

Gleichstellung in diesem engen Sinne und wenn man noch ein halbes Auge zudrückt: Ja, doch, erreicht. Und daher kommen die Missverständnisse. Und folglich Diskussionen wie unsere am Esstisch.

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Gleichstellung vor dem Gesetz ist ja das mindeste. Echte Gleichstellung ist aber erst erreicht, wenn sie in der Realität, im Alltag da ist.

Wenn Frauen nicht mehr unerklärbare 717 Franken weniger verdienen im Monat als Männer. Wenn es nicht mehr hauptsächlich Frauen trifft, die im Alter in Armut leben. Wenn Frauen nicht mehr aufgrund ihrer Mutterschaft Nachteile in der Berufswelt erleben. Oder wenn Frauen abends in dunklen Gassen keine Angst mehr haben müssen. 

Benachteiligt ein ultrakurzer Vaterschaftsurlaub Frauen? Natürlich nicht direkt. Aber in der Realität führt er eben dazu, dass sich Frauen im Mutterschutz häufig überanstrengen nach der Geburt. Sie schnell einen Grossteil der Haushalt- und Betreuungsarbeit allein übernehmen. Sie Chief of Baby sind und eben auch bleiben, weil es sich halt so eingespielt hat.

Benachteiligen exorbitant hohe Kita-Kosten Frauen? Natürlich nicht direkt.

Aber in der Realität führt es eben dazu, dass Frauen häufig keine oder nur wenig Erwerbsarbeit leisten, weil es das Familienbudget nicht zulässt. Ob sie das wollen oder nicht. 

Benachteiligt es Frauen, dass Männer häufig nicht Teilzeit arbeiten können? Natürlich nicht direkt. Aber in der Realität sorgt das dafür, dass in Familien oft Frauen ihre Pensen reduzieren oder einige Jahre aus dem Erwerbsleben austreten. Ihre Altersvorsorge leidet.

Zahlen vom Bundesamt für Statistik zeigen: Frauen erhalten rund ein Drittel weniger Rente als Männer. Sie sind fast doppelt so häufig von Altersarmut betroffen und beziehen öfter Ergänzungsleistungen.

Nur weil Politik und Gesellschaft Frauen nicht benachteiligen wollen, heisst es nicht, dass sie es nicht weiterhin tun.

Etwas Zweites fällt auf: Es sind alles Beispiele, die nicht nur Frauen, sondern insbesondere Mütter betreffen. Das ist kein Zufall.

Nach wie vor ist das erste Kind die Zäsur, die eine gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellt. Und wo viele in ein traditionelles Modell zurückfallen – häufig erklärt mit pragmatischen Gründen. Der Mann verdient mehr, die Kita ist zu teuer und ja, das mit der Teilzeitarbeit ist eben schwierig. Also fährt die Mutter ihre Prozente im bezahlten Job zurück

Obwohl die Mehrheit der Frauen in der Schweiz auch als Mütter erwerbstätig bleiben, haben sie im Vergleich mit ihren kinderlosen Kolleginnen weniger Karrierechancen und verdienen teils weniger. Der Grund:

Müttern werden weniger Kompetenzen zugesprochen, weniger Engagement für die Firma, weniger Zuverlässigkeit. Motherhood Penalty nennt sich das.

Am Familientisch diskutiert auch mein Mann mit. Wir haben zwei Kinder. Nach der Geburt unserer Tochter haben wir eine hälftig aufgeteilte Elternzeit gemacht – eine privilegierte Möglichkeit. Seither arbeiten wir je 80 Prozent in unseren Jobs. Er bekommt Komplimente, dass er sich Zeit für die Kinder nimmt. Ich höre: «Ou, das isch aber scho seehr viiil».

Solche Kommentare zeigen: Es sind auch festgefahrene Stereotypen, die Gleichberechtigung von Paaren mit Kindern erschweren. Teils sind es auch die ganz persönlichen, tief verankerten Rollenbilder einer jeden Mutter und eines jeden Vaters. 

Es muss endlich aus den Köpfen raus, dass das Wohl einer Familie am Ende des Tages an Mami hängt. 

Bei der Recherche für diesen Artikel bin ich auf eine spannende Befragung von Eltern gestossen: Wie wünschten sich Mütter und Väter ihr Familienleben? Und wie leben sie es in der Realität? Die Antwort: Frauen sowie Männer wünschen sich über alles hinweg mehr Ausgeglichenheit.

Ein Prost auf den Tag der Frau!

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Autorin

Michèle Widmer ist als neue Content-Leiterin im Januar 2025 bei mal ehrlich an Bord gestiegen. Davor arbeitete sie als Journalistin beim Tages-Anzeiger und schrieb die letzten zehn Jahre als Redaktionsleiterin beim Fachmagazin persoenlich.com über Medien, Werbung und Kommunikation. Zu Hause baut sie aktuell komplexe Briobahn-Konstruktionen durch die ganze Wohnung und löst mit miniLÜK Zahlenrätsel. Sie lebt mit ihrer Familie in Zürich.

Informationen zum Beitrag

Veröffentlicht am 7. März 2025.


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8 Antworten

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  1. Avatar von Andi
    Andi

    Gleichberechtigung vor dem Gesetz wäre tatsächlich das mindeste. Aber wir alle wissen, dass diese nach wie vor nicht gilt, weil es diverse Regelungen zum Nachteil von Männern gibt.
    Gleichstellung ist eine ganz andere Geschichte, weil man darunter ganz Unterschiedliches verstehen kann. Klar ist, dass die Frauen in der Spitze von Wirtschaft und Politik untervertreten sind. Die Frage ist, ob dies eine Folge von Diskriminierung oder fehlendem Interesse ist. Zumal Frauenförderung eher sogar Vorteile verschafft.
    Wie “verheben” denn die anderen Punkte in einer sachlichen Diskussion? Sind die Lohnunterschiede wirklich unerklärbar, wie behauptet? Warum leben mehr Frauen im Alter in Armut? Haben Frauen wirklich aufgrund ihrer Mutterschaft Nachteile im Berufsleben? Oder liegt es daran, dass die grosse Mehrheit umgehend das Erwerbspensum und beruflich Ambitionen ablegt?
    Und was wäre von einem längeren Vaterschaftsurlaub zu erwarten? In meinem Umfeld haben alle Mütter ihren Mutterschaftsurlaub auf Familienkosten um einige Monate verlängert. In keinem Fall hat auch der Vater ein paar unbezahlte Tage dazugenommen, obwohl offenbar das Geld dafür vorhanden gewesen wäre.
    Es ist auch nicht das Familienbudget, das dazu führt, dass Frauen teilzeit arbeiten. Sie machen das nämlich meist auch dann, wenn sie mehr verdienen als ihre Partner. Und nüchtern betrachtet würde sich ein hohes Erwerbspensum schon auf mittlere Sicht fast immer lohnen. Mit Blick auf die Altersvorsorge sowieso.
    Sicher sind es auch tief verankerte Rollenbilder, die dafür sorgen, dass die meisten Paare sich für eine eher traditionelle Rollenverteilung aussprechen. So oder so entspricht die Aufgabenteilung in der Regel durchaus den Wünschen der Frauen, eine Benachteiligung ist hier nicht zu erkennen.
    Schön, dass am Familientisch über das Thema sachlich gesprochen werden kann. Noch schöner wäre es, wenn man sich Gedanken machen würde, warum die Männer am Tisch aufgrund ihrer Erfahrungen auf eine andere Einschätzung kommen. Weil der Sohn vielleicht in der Schule erlebt hat, dass die Mädchen überall besser dastehen. Weil er nach der Matur in die RS geht, während die Schulkolleginnen ein Zwischenjahr machen oder gleich das Studium beginnen. Weil der junge Mann erlebt hat, dass er die überfällige Beförderung nicht bekommen hat, weil eine schlechter qualifizierte Frau bevorzugt wurde. Weil der Ehemann sich vielleicht an die vielen Momente erinnert, an denen er die Frau gefragt hat, ob sie sich eine Veränderung wünschen würde. Und sie ein hohes Erwerbspensum immer wieder dankbar abgelehnt hatte.
    Das Gespräch über die Geschlechtergrenzen wird erst dann wirklich fruchtbar, wenn man dem Gegenüber ernsthaft zuhört, und seine/ihre Erfahrungen genauso ernst nimmt wie die eigenen.

    1. Avatar von Michèle Widmer
      Michèle Widmer

      Lieber Andi, danke für deinen Kommentar.
      Es ist in der Tat so, dass das jetzige System nicht nur Frauen benachteiligt. Wir hatten darüber auch bereits berichtet in folgenden beiden Beiträgen: https://mal-ehrlich.ch/ich-waere-gerne-mehr-vater-und-weniger-ernaehrer/ und https://mal-ehrlich.ch/das-e-in-vereinbarkeit/. Da mein Artikel zum Tag der Frau erschienen ist, habe ich auf sie fokussiert, explizit auf Mütter. Mein Ziel wäre ja, dass wir mehr ein Miteinander statt ein Gegeneinander bekommen, grad punkto Familien. Es gibt so viele verschiedene Familienmodelle, so viele unterschiedliche Prioritäten – ich finde, das darf alles Platz haben. Wichtig ist mir, dass alle selbstbestimmt wählen können. Auch die Männer. Auch die Männer, die unter dem Druck, Haupternährer zu sein, leiden. Oder die Männer, die gerne mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen. Und was mir wichtig ist: Carearbeit ist auch Arbeit und hat ihren Wert. Wenn ich deine Zeilen lese, könnte ich meinen, du gehst davon aus, dass es wirklich Urlaub ist, mit kleinen Kindern allein zu Hause den Haushalt zu schmeissen. Unsere Gesellschaft ist darauf angewiesen, dass jemand diese Arbeit macht. Nicht umsonst gehen die Geburtenzahlen in der Schweiz drastisch zurück. Es braucht mehr Wertschätzung, und zwar gegenseitig.

      1. Avatar von Andi
        Andi

        Danke für die ausführliche Antwort. Mit dem ersten Teil bin ich sehr einverstanden. Mein Anliegen war aber ein anderes. Wenn am Familientisch so offen diskutiert wird, aber die Männer mit ihren Erfahrungen offenbar die Realität ganz anders wahrnehmen, dann wäre es doch sinnvoll zu ergründen, woran das liegt. Also nachfragen und mit den eigenen Erfahrungen und Sichtweisen abgleichen.
        Weniger zielführend scheint es mir, in die eigene Blase zurückzukehren, dort die eigenen Argumente noch einmal auszubreiten (die in diesem Kreis bestens bekannt sind), und dafür wie erwartet Zustimmung zu erhalten. Das bringt die Diskussion nicht weiter.
        Ich habe ganz viele Argumente und Fragen angeführt. Hingegen habe ich kein Wort über den Wert von Care Arbeit verloren, oder gar in Zusammenhang mit Kinderbetreuung von Urlaub gesprochen, oder irgendetwas in diese Richtung durchblicken lassen. Wie kommst du darauf? Meine Aussage war, dass die Arbeitsteilung der Familien in der Regel den Wünschen der Eheleute enspricht. Und tatsächlich ist gegenseitige Wertschätzung wichtig. Dazu gehört auch, nicht immer nur über Väter zu lästern, die sich angeblich zu wenig kümmern, oder sich vor der Hausarbeit drücken. Sondern ihnen auch einmal danke zu sagen, dass sie dafür viel mehr Erwerbsarbeit leisten und damit die Familie finanziell versorgen.
        PS: Warum die Geburtenzahlen in der Schweiz und in ganz Europa zurückgehen, ist tatsächlich eine interessante Frage. Hat vermutlich mit steigendem Wohlstand zu tun, läuft aber auch parallel zur Emanzipation der Frau in unserer Gesellschaft. Fehlende Wertschätzung für die Care Arbeit sehe ich hingegen zumindest von Männerseite eher nicht. Aber da lasse ich mich gerne belehren, wie sich das denn äussert.

        1. Avatar von Michèle Widmer
          Michèle Widmer

          Lieber Andi,
          merci für deine Antwort. Ich wollte mit meinem Artikel nicht unser explizites Familiengespräch am Tisch wiedergeben. Natürlich haben wir verschiedene Fragen offen diskutiert, da kam keiner zu kurz. Ich wollte aber eben, wie bereits gesagt, die Perspektive der Mütter einnehmen, grad weil mal ehrlich ja viel über die Herausforderungen von Müttern und Vätern schreibt. Zum Wert von Care-Arbeit: Vielleicht habe ich dich da falsch gelesen. Dann tut es mir leid.

          1. Avatar von Andi
            Andi

            Ob Familientisch oder nicht. Das Thema war: “Die Behauptung: Männer und Frauen sind längst gleichberechtigt. Sind sie das?”
            Ich fände es einfach gut, wenn man bei der Beantwortung auch die Perspektive der Männer und Väter einbeziehen und ernst nehmen würde. Und da kommt nun mal meist ein ganz anderes Ergebnis heraus, aufgrund von unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven. Und da geht es gar nicht in erster Linie darum, dass die Männer sich ein anderes Leben wünschen würden. Sondern das, was du ja angesprochen hast: Wertschätzung für das, was sie für die Familie und die Gesellschaft, vielfach auch für die Partnerin leisten.

  2. Avatar von Lisa
    Lisa

    Merci für den interessanten Artikel!
    Ist möchte gerne eine andere Sichtweise schreiben : Ich habe in meinem Umfeld viele junge Familien, wir sind selbst auch eine. Allerdings kenne ich keine Mutter, die gerne mehr arbeiten möchte, es aber nicht kann. Im Gegenteil, einige verdienen sogar besser als ihre Partner und möchten trotzdem lieber Zeit mit den Kindern verbringen. Dafür kenne ich einige Väter, die gerne mehr zu Hause wären, aber halt irgendwie in die Rolle des Ernährers rutschen und der Mutter nicht ihre Zeit mit den Kindern „wegnehmen“ möchten. Oder vom Arbeitgeber zu hohen Pensen gedrängt werden (Umdenken erwünscht).
    Man könnte es ja auch als Vorteil betrachten, mehr Zeit mit den Kindern verbringen zu dürfen und so viel Freiraum bei der Tagesgestaltung zu haben. Sind dann nicht auch Männer benachteiligt, wenn sie in höheren Pensen arbeiten, als sie sich eigentlich wünschen würden? Ich bin sehr dankbar, dass mein Partner einen grossen Teil der Erwerbsarbeit übernimmt.

    Liebe Grüsse von einer Mutter, die einfach nicht mehr arbeiten möchte, auch wenn sie könnte :)

    1. Avatar von Andrea Jansen
      Andrea Jansen

      Liebe Lisa! Vielen Dank für deine Gedanken! Ja, das kennen wir natürlich auch und ist auch total nachvollziehbar – und genau, das System benachteiligt nicht nur Mütter, sondern eben auch Väter. Wir haben dazu zwei Beiträge, die dich vielleicht auch interessieren: https://mal-ehrlich.ch/ich-waere-gerne-mehr-vater-und-weniger-ernaehrer/ und https://mal-ehrlich.ch/das-e-in-vereinbarkeit/.

      1. Avatar von Lisa
        Lisa

        Liebe Andrea
        Merci für deine Antwort und die Links. Ich finde es toll, dass ihr auch diese Themen aufgreift. Ich hoffe, Väter werden in Zukunft mehr wahrgenommen (und bringen sich hoffentlich auch gerne ein) in der Debatte um Teilzeit, Arbeitsteilung und Wertschätzung.
        Bin gespannt auf euren nächsten Artikel!
        Liebe Grüsse