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Weniger Streit, mehr Verständnis? Tauscht die Rollen!

Sie waren ein gleichberechtigtes Paar – und tappten volles Rohr in die Rollenfalle. Aber dann gab’s einen Schupf vom Schicksal.

Text: Mara Ittig

Rollentausch? Besser spät als nie! mal ehrlich/rollentausch

Ziemlich genau ein Jahr ist es nun her, seit mein Mann eine einmalige Gelegenheit ergriffen und sich eine mehrmonatige Auszeit vom Job genommen hat. In dieser Zeit waren die Zeichen bei uns zu Hause für einmal umgekehrt: Er blieb zu Hause und ich ging ins Büro.

Wir tauschten unsere Rollen.

Nachdem wir als Familie erst ein paar Monate quer durch Asien reisten, begann für meinen Mann das, was bisher vor allem ich als Alltag kannte: viele Tage zu Hause mit den Kindern, manchmal schier endlos lang, oft chaotisch, immer wieder lustig, spannend, aufregend. Mit Badi, Fussballtraining, wo ist mein grüner Dino, wieso hat es schon wieder keine Milch mehr, zieh jetzt endlich deine Schuhe an, du kommst zu spät, könntest du bitte mit der Gabel essen…

Der ganz normale Wahnsinn mit Kindern. Mit viel herzerwärmenden Momenten, aber eben auch mit viel mühsamem Seich.

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Blenden wir ein paar Jahre zurück: Als mein Mann und ich uns kennenlernten, arbeiteten wir beide hundert Prozent, verdienten in etwa gleich viel und den Haushalt machte, wer gerade Zeit dafür fand (irgendwie schien es damals auch deutlich, DEUTLICH weniger Hausarbeit zu sein).

Dann kam unsere erster Sohn zur Welt. Und die Weichen wurden neu gestellt. Von wegen gleichberechtigtes Paar:

Wir tappten volles Rohr in die Rollenfalle.

Schleichend und ohne es gross zu bemerken, änderten sich unsere Rollen. Ich blieb während des Mutterschaftsurlaubs zu Hause, widmete mich Baby (mit viel Elan) und Haushalt (mit etwas weniger Elan). Mein Mann ging weiterhin jeden Morgen ins Büro.

Die neuen Rollen hielten sich hartnäckig – auch nachdem ich längst wieder zurück im Beruf war. Irgendwie hatte sich durch die Geburt des ersten Kindes eine neue Aufgabenverteilung eingeschlichen. Die ich ehrlich gesagt gar nicht so toll fand.

Der Frust war vorprogrammiert.

Wir brauchten einen kleinen Schupf vom Schicksal, um aus unseren Mustern auszubrechen. Denn dank dem Rollentausch – und mag er auch nur vorübergehend sein – sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir mehr Verständnis füreinander aufbringen und uns beide wieder gleichberechtigt fühlen.

Ich verstehe so gut, was mein Mann meint, wenn er sagt, sein Tag mit den Kindern sei irgendwie stressig gewesen, obwohl er das Gefühl habe, gar nichts gemacht zu haben. Ich fühle mich ihm dadurch viel näher.

Wir sitzen irgendwie wieder in einem Boot.

Das Beste: Mein Mann hat nun auch im Kopf, wer zu welchem Kindergeburtstag eingeladen ist (und was sich das Geburtstagskind wünscht), wann welches Kind zum Fussball muss und bei wem die Badehosen schon wieder zu klein sind.

Sogar der Hort ruft jetzt zuerst ihn an, wenn ein Kind seine Jacke nicht findet oder mit einem Gspänli nach Hause will.

Hurra!! Endlich, endlich ist die verdammte Mental Load aufgeteilt! Das macht so unfassbar viel aus.

Dieses stressige Gefühl, wenn einen schon morgens beim Kaffeemachen all die hunderttausend kleinen Sachen, an die man heute auch noch denken muss, zu erdrücken drohen – …

… es ist weg.

Endlich kann ich meinen Kaffee geniessen (wenn die Kinder nicht gerade streiten oder ihr Müsli auf den Teppich kippen), ohne vor lauter Graus vor dem Pendenzenberg schon bei einem gefühlten Ruhepuls von 180 zu sein. Obwohl: Von Ruhe kann trotzdem keine Rede sein.

Ich komme dafür nun manchmal abends nach Hause und denke: «Der hätte jetzt aber auch mal …(die Geschirrspülmaschine ausräumen, die Wäsche machen, den Karton runterbringen können)». Um mich dann schnell wieder daran zu erinnern, dass es nach einem Tag mit den Kindern bei mir am Abend in der Wohnung gern aussieht wie Sau und ich manchmal einfach zu gar nichts komme, wenn ich den ganzen Tag zwei Kinder und ihren Alltag jongliere.

Unsere beiden Söhne sind inzwischen fünf und acht Jahre alt. Das neue Modell funktioniert: fantastisch! Wir haben viel weniger Streit, weil ich nicht mehr die gefrustete Nörglerin bin, die das Gefühl hat, alles bleibe an ihr hängen. Zusätzlich haben wir nun beide viel Zeit mit den Kindern – das freut sie und auch uns.

Für die beiden Jungs ist es grossartig, so viel Zeit mit ihrem Vater zu verbringen. Im Idealfall merken sie auf diesem Weg auch noch gleich, dass Erziehung nicht ausschliesslich Frauensache ist.

Seit ein paar Wochen hat uns nun der Alltag wieder: Mein Mann arbeitet 100 Prozent, ich 60. Bis jetzt ist die entspannte Stimmung geblieben.

Mein Fazit: Ein Rollentausch ist enorm hilfreich.

Wir hätten das Experiment schon viel früher wagen sollen. Es hätte uns viel Streit, Frust und strapazierte Nerven erspart.

Unsere Beziehung ist besser geworden. Geprägt von mehr Verständnis und Goodwill statt sinnloser Aufrechnerei und Genörgel, die Zufriedenheit hat bei beiden zugenommen.

Wie sagt man doch so schön? Lieber spät als nie.

Dies ist Maras zweiter Beitrag für Any Working Mom. In «Dino oder Rüschen – und nix dazwischen» schreibt sie über Geschlechterbilder.

Einen Rollentausch gewagt haben auch Janine Berchten und ihr Mann. Wie sie das neue Familienmodell erleben und welche Vor- und Nachteile es mit sich gebracht hat, das erzählt Janine im #malehrlich Podcast: «Ein Rollentausch bringt eine neue Dynamik in die Familie».

Wie habt Ihr’s persönlich mit der Rollenverteilung? Zum Kommentieren bis ganz nach unten scrollen.

Autorin

Mara Ittig ist Lifestyle-Redaktorin, freischaffende Texterin und Kommunikationsberaterin. Ihr Alltag als Mutter von zwei Söhnen gleicht einem Balanceakt: zwischen Kindern und Job, zwischen Frausein und Bubenmami, zwischen verständnisvoller Fee und schäumendem Drachen, zwischen eigenen Ansprüchen und begrenzten Ressourcen.

Informationen zum Beitrag

Dieser Beitrag erschien erstmals am 3. April 2019 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Any Working Mom existierte von 2016 bis 2024. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.


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11 Antworten

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  1. Avatar von Janine
    Janine

    Vielen Dank für diesen Beitrag. Wir sind in der gleichen Situation, ich arbeite seit einem Jahr 100%, mein Mann ist seit da zu Hause. Ich muss sagen, ich brauchte fast dieses ganze Jahr um mich vom „Mami-weiss-alles-und-hat-immer-alles-Kopf“ da sein zu lösen. Nicht mein Mann war das Problem sondern ich selber. Ich wollte alles: die Hauptverdienerin sein, das Mami die immer über alles Bescheid weiss und alle Fäden in der Hand haben. Das einzige, das einfach war abzugeben, war der Haushalt, da mein Mann wirklich der bessere Hausmann ist, als ich Hausfrau war und wahrscheinlich je sein werde 🙈 Natürlich hat das Konflikte gegeben und brauchte einen Prozess, aber in Zwischenzeit sind wir ein gut eingespieltes Team und es funktioniert wunderbar. Ich habe gelernt abzugeben und er hat gelernt zu kochen 😂

  2. Avatar von Andi
    Andi

    Sicherlich gut, wenn gegenseitiges Verständnis da ist. Ich verstehe allerdings gar nicht, worüber davor gestritten wurde. Und warum? Ausserdem zu diesem neuen Modebegriff des “Mental Loads”: Es ist ja nicht so, dass nur zu Hause Termine und arbeiten anfallen, die jongliert werden müssen. Der 100% arbeitstätige Mensch schläft vielleicht auch schlecht wegen des Drucks im Büro und der vielen Pendenzen, die jongliert werden müssen. Meist mehr, als wenn er/sie in geringer teilzeit eine einfache Arbeit erledigt.
    Letztlich ist es doch so, unabhängig von den Pensen und Rollen: Wer müde ist, braucht Entlastung und Verständnis, und kein Aufrechnen. Und Nörgeln ist sowieso unklug, sachlich seine Anliegen vorbringen immer besser. Zumal dann, wenn man es objektiv gesehen ja auch selber verändern könnte.

    1. Avatar von Matti H.
      Matti H.

      Hallo Andi

      Natürlich gibt‘s den Mental Load auch bei der Arbeit, aber im Unterschied zu jenem, der zuhause anfällt, entscheidet man sich bewusst für einen Job und wird dann dafür entlohnt, inkl. Stress. Die Organisation von Kinder, Haushalt und Pflege von Angehörigen fällt jedoch oft automatisch, ohne bewusste Entscheidung und ohne Entlohnung dem gebärenden Teil der Partnerschaft zu. Und zwar oft nur, weil sie wie Mara nach der Geburt erst einmal zuhause bleiben (muss). Die Kategorien „bewusste Entscheidung vs. Automatismus“, „Lohnarbeit vs. unbezahlter Care-Arbeit“ sind zentral.

      LG Matti

      1. Avatar von Andrea/-s
        Andrea/-s

        Hallo Matti und hallo Alle

        1. Allgemein:
        Es ist es für jedes Paar individuell und unterschiedlich. Es kommt auf so vieles darauf an. Wo wohnt man, hat man Unterstützung aus der Familie/Bekannte. Wie ticken die beiden Partner? Sieht man nur sein Problem oder kann man den/die Partner/-in verstehen? Wird man vom Partner/von der Partnerin verstanden? Was ist einem wichtig und auf was kann man für die Familie verzichten? Was macht für die Familie Sinn und was eher weniger?

        2. Entlöhnung:
        Ein Model ist zum Beispiel ein gemeinsames Konto auf welches alles einbezahlt wird was auf beiden Seiten verdient wird und anschliessend beiden die gleiche Summe auf das private Konto von Mann und Frau ausbezahlt wird. Von gemeinsamen Konto wird alles für die Familie und alle Ausgaben für die Arbeit bezahlt. Das private Konto ist für wirklich private Dinge wie: Zigaretten, Ausgang, Kino oder Ausflüge mit Freunden/Freundinnen Coiffeur, Schmuck, Kleider, Schuhe, Geschenke usw.
        Wichtig ist aus meiner Sicht zum einen, dass auf das gemeinsame Konto soviel einbezahlt werden kann, dass dabei auch ein Überschuss entsteht und somit ein Polster aufgebaut werden kann. Ist bei jungen Familien oder bei anfänglich grösseren Anschaffungen (Auto, Haus/Wohnung und Möbel) sicher nicht immer leicht aber ein detailliertes Budget über mehrere Jahre hilft für einen Überblick ob man auf dem richtigen Weg ist.
        Mit diesem Model ist mindestens das Problem betreffend Gleichbehandlung im Lohn für den Haushalt beinahe erledigt. Es sei denn der zu 100% arbeitende Partner verdient einiges mehr als wenn die andere Partei arbeiten würde (z.b: 150%) oder die zu 100% arbeitende Partei kommt nach Hause und ist anschliessend den ganzen Abend am putzen, kochen, abwaschen, Kinder ins Bett bringen (bis hierhin teils 50/50), bügeln und anschliessend wieder am arbeiten da man die Serien im Fernsehen nicht mehr sehen kann/möchte und man am nächsten Tag wieder um 18:00 Uhr zuhause bei der Familie sein will…
        Am Wochenende kommt noch die Abfallentsorgung, Autowaschen & -putzen, Einkaufen und auf das Kind schauen, was auch schön ist aber gerade am Wochenende wäre es schön einen Tag etwas gemeinsames als Familie zu machen und nicht Mutter/Kind oder Vater/Kind, da man dies ja die ganze Woche nicht gemacht hat hinzu.

        3. Andi:
        Danke! Sachlich bleiben und alles in die Lösungsfindung einbringen. Niemand ist der Schuldige, denn man will ja nur das Beste für die Familie und gibt jeden Tag alles dafür und zwar ob Mann oder Frau.

        Und übrigens lebe ich auch gerne in einer sauberen und immer glänzenden Wohnung aber den Krieg gegen Staub werden wir wohl nie gewinnen und wenn wir uns wegen so Banalem gegenseitig noch die Köpfe einschlagen verlieren wir noch ganz andere Dinge die uns wichtig sind oder mindestens einmal wichtig waren. Zum Beispiel Ruhe und Frieden, eine/n Partner/-in, Kind/-er uvm…

        Da bin ich mal gespannt auf eure Lösungen/Vorschläge/Antworten /Anregung usw

  3. Avatar von Esther
    Esther

    Rollentausch ist super, wenn das möglich ist. Wir haben das selbe Ergebnis gekriegt indem wir beide Teilzeit arbeiten – 6 Jahre lang er 60 sie 50 und seit diesem Jahr er 40 sie 60. Ganz alle Diskussionen sind damit nicht weg, aber es hilft schon enorm fürs gegenseitige Verständnis!

  4. Avatar von Vera
    Vera

    Oh so true… Mein Mann und ich arbeiten beide 80% und das erspart uns unglaublich viele Diskussionen. (aber ich sag’ jetzt nicht, dass wir die gar nicht haben… )

    1. Avatar von Mara Ittig
      Mara Ittig

      Super, dass ihr das von Anfang an so eingerichtet habt. Das hätte meinem Mann und mir wohl so Einiges erspart (aber wie du sagst – sicher nicht alles 🙂 )

    2. Avatar von Sarah
      Sarah

      Genau deshalb braucht es Vaterschaftsurlaub bzw. Elternzeit, damit even beide diesen Alltag mit Kids einmal erleben!

  5. Avatar von Tanja
    Tanja

    Wenns so einfach wär mit dem Rollentauschen…. Aber jep, fänd ich suuuuper, erst dann wird einiges begriffen 😉

    1. Avatar von Mara Ittig
      Mara Ittig

      Nein, es ist leider immer noch ganz und gar nicht einfach mit dem Rollentausch. Noch besser wäre, man müsste die Rollen gar nicht erst tauschen, weil sie von Anfang an ausgewogen sind.

  6. Avatar von Regina Alessandri
    Regina Alessandri

    Bravo Mara! 👏🏻👏🏻👏🏻